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Neuer CV?
Die Anforderungen der heutigen Zeit, die in die Isolation einer ständig wachsenden Spezialisierung drängen, haben den einseitigen, rein fachlich orientierten „Scheuklappenakademiker" beschert. Im Sog dieser bedauerlichen Entwicklung zeigt es sich, daß weltanschaulich fundierte Persönlichkeiten immer mehr zu bestaunten Raritäten werden. Damit gefährdet sich akademische Mittelmäßigkeit, ins Sumpertum abzurutschen.
Die Anforderungen der heutigen Zeit, die in die Isolation einer ständig wachsenden Spezialisierung drängen, haben den einseitigen, rein fachlich orientierten „Scheuklappenakademiker" beschert. Im Sog dieser bedauerlichen Entwicklung zeigt es sich, daß weltanschaulich fundierte Persönlichkeiten immer mehr zu bestaunten Raritäten werden. Damit gefährdet sich akademische Mittelmäßigkeit, ins Sumpertum abzurutschen.
Um diesen Tendenzen — wenigstens für seinen Bereich — entgegenarbeiten zu können, hat sich der österreichische Cartellverband vor einem Jahr entschlossen, eine Bildungsakademie zu gründen, die sich als „Instrument zur langfristigen Planung, Koordination und Durchführung der Bildungs- und Informationsarbeit" versteht.
Es ist immerhin bemerkenswert, daß es gerade der von seinen Gegnern gern als „bierselig" oder
„anachronistisch" bezeichnete CV war, der sich als erster von der Verbandsbildungsarbeit alten Stils getrennt und durch Schaffung einer zentralen Bildungsinstitution mit Verbindlichkeitscharakter die Bü-dungsarbeit auf eine wesentlich effizientere Grundlage gestellt hat.
Der Vorsitzende der Akademie, Univ.-Ass. Liebmann, formuliert die Ziele der Akademie damit, daß „die weltanschauliche Fundierung gefestigt, permanente eigenständige
Weiterbildung motiviert sowie eine engagementfreudige Mitmenschlichkeit geweckt wird..." Zur Verwirklichung dieser Ziele werden für die Mitglieder teils obligatorische, teils freiwillige Seminare, Kurse, Schulungen, Symposien, Studienreisen und Bildungsfahrten durchgeführt.
Thematisch (wie auch in ihrer zeitlichen Abfolge) sind diese Veranstaltungen auf das Selbstverständnis und die Eigenart des CV abgestimmt. So hat der junge Student, der dem CV beitritt, ein Seminar zu besuchen, das als Einführung in den CV gedacht ist und ihn vor allem mit den Themen Rhetorik, Diskussionstechnik, Religion, Philosophie, Staat, Gesellschaft und Hochschule konfrontiert. Bei den folgenden Seminaren, bei denen dann zur Behandlung eines Themenkreises eine ganze Woche zur Verfügung steht, wird die Möglichkeit einer intensiven Beschäftigung mit dem Gegenstand geboten.
Ergänzt werden diese Seminare durch Spezialseminare für Führungskräfte in der Hochschulpolitik, wie auch durch eine Reihe von außerordentlichen Aufgaben, wie Studienreisen, Herausgabe einer Publikationsreihe, Arbeitskreise, Symposien.
Sicherlich war es nicht leicht, die Mitglieder des Verbandes von der Notwendigkeit dieser Radikalkur in Sachen Bildung zu überzeugen. Der Widerstand war beträchtlich und unangenehm, da er sich in Form einer passiven Resistenz manifestierte, (öffentlich nahmen nur wenige gegen die geplante Akademie Stellung; denn wer will schon ein Bildungsmuffel sein!?)
Eines der „gewichtigsten" Gegenargumente war, daß sich der CV „so etwas" nicht leisten könne. Tatsächlich stellte auch die Finanzierung für die mit viel Idealismus und Begeisterung Arbeitenden ein gewaltiges Problem dar. Zwar floß schon immer ein Teil der Beiträge der Mitglieder in die Bildungsarbeit, ein Projekt wie die Akademie aber konnte aus dem ordentlichen Budget allein nicht abgedeckt werden. So gesellte sich neben die mühsame inhaltliche Arbeit, wie die Aufstellung von Programmen und die Organisation von Veranstaltungen, auch eine zeitraubende Finanzierungskampagne zum Zweck der Mittelaufbringung innerhalb wie auch außerhalb des CV.
Hat noch im ersten Jahr eine erfolgreiche Spendenaktion seitens der „Alten Herren" entscheidend dazu beigetragen, so konnte für das kommende Arbeits jähr eine zweckgebundene Umlage beschlossen werden. Vertreter der Akademie hegen die Hoffnung, daß sich „ihr Kind" in einigen Jahren wenigstens zum Teil selbst finanzieren wird.
Dafür, daß die Akademie die Feuertaufe bestanden hat, spricht auch, daß die befreundeten Verbände des CV in Deutschland und der Schweiz reges Interesse zeigen, Beobachter entsenden und bereits mit der Ausarbeitung ähnlicher Projekte beschäftigt sind.
„Ein neuer CV scheint heranzuwachsen", schrieb ein junger „Absolvent" einer Einführungswoche; ein Ansatz ist jedenfalls vorhanden und man wird sich noch öfter mit diesem CV und seiner Akademie beschäftigen müssen.
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