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Neuer König?

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Kaum von seiner mit großen Erwartungen verknüpften Rundreise durch die ölreichen Staaten auf der arabischen Halbinsel zurückgekehrt, sieht sich Präsident Mohammed Anwar es-Sadat erneut und dringender als je zuvor konfrontiert mit der akuten Finanzmisere des Nillandes. Vier Milliarden werden im laufenden Haushaltsjahr gebraucht für die Befriedigung der drückendsten Schulden. Doch mit von seiner Betteltour brachte es-Sadat höchstens eine Milliarde an festen Zusagen. Die Kredite aus den USA und den EG-Mitgliedsstaaten reichen nicht aus zum Stopfen der Finanzlücken. Die Sowjetunion drängt weiterhin auf korrekte Einhaltung der eingegangenen Zins- und Tilgungsverpflichtungen.

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Kaum von seiner mit großen Erwartungen verknüpften Rundreise durch die ölreichen Staaten auf der arabischen Halbinsel zurückgekehrt, sieht sich Präsident Mohammed Anwar es-Sadat erneut und dringender als je zuvor konfrontiert mit der akuten Finanzmisere des Nillandes. Vier Milliarden werden im laufenden Haushaltsjahr gebraucht für die Befriedigung der drückendsten Schulden. Doch mit von seiner Betteltour brachte es-Sadat höchstens eine Milliarde an festen Zusagen. Die Kredite aus den USA und den EG-Mitgliedsstaaten reichen nicht aus zum Stopfen der Finanzlücken. Die Sowjetunion drängt weiterhin auf korrekte Einhaltung der eingegangenen Zins- und Tilgungsverpflichtungen.

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Einziger Ausweg für es-Sadat bleibt daher das jetzt erneuerte Drängen auf Wiederöffnung der Genfer Friedensverhandlungen. Nur von ihnen kann er eine Verringerung der schwer auf der Volkswirtschaft lastenden Rüstungskosten erwarten. Schon erhebt die linksgerichtete nasseristische und kommunistische Opposition wieder ihr Haupt. Sie verlangt eine Rückkehr zu der restriktiven inneren und zu der pro-

sowjetischen Außenpolitik. Ihr Argument: der Kreml prolongiere nur dann seine Wechsel. Es-Sadat hofft jedoch noch immer, sich dieser massiven Erpressung der ehemaligen „Freunde“ entziehen zu können. Festzustehen scheint aber, daß die konservativen ölstaaten ihn dabei im Stich lassen.

Dabei läge die Unterstützung des gegenwärtigen ägyptischen Staatschefs durchaus vor allem im Interesse der ölmonarchien. Ein erneuter Macht- und Kurswechsel am Nil bliebe mit Gewißheit nicht ohne schwerwiegende Auswirkungen auf die politischen Verhältnisse der arabischen Halbinsel.

Freilich hindert nicht nur politische Kurzsichtigkeit die Ölscheichs an konsequenter Finanzhilfe für Ägypten. Die Duodezstaaten am Rande der arabischen Halbinsel haben sich bereits finanziell übernommen. Ihre ehrgeizigen Entwicklungspläne

sprengten längst sogar den Rahmen ihrer ungeheuren Einnahmen. Ihre Kassen sind leer. Im Fall Saudi-Arabiens kommen die komplizierten innerpolitischen Verhältnisse hinzu. Die Ermordung König Feisals ist doch nicht so spurlos an dem Land vorübergegangen, wie es zunächst schien. Saudi-Arabien ist zwar noch immer die Spielart eines „Familienbetriebes“. Aus dem innersten Machtzirkel der dreitausend Personen umfassenden Köniigsfamilie dringt nichts in die internationale Öffentlichkeit. Doch die Mordtat eines der Ihren ging offensichtlich nicht spurlos am Elan der Prinzen vorüber.

In Saudi-Arabien nicht auszuschließen sind offenbar tiefgreifende innerpolitische Veränderungen. Die vierzigtausend Mann umfassende Armee läßt zwar, ihrem Ausbildungsstand nach, noch viel zu wünschen übrig. Sie ist aber ein Hort ständiger revolutionärer Unruhe. An der Kandare halten kann man sie nur durch die Besetzung wichtiger Kommandoposten mit königlichen Prinzen. Ihre Zuverlässigkeit ist seit

dem Mord an Feisal jedoch keineswegs mehr über jeden Zweifel erhaben In er-Riad hält man einen baldigen Wechsel auf dem Thron nicht für unmöglich. Als Königsanwärter gilt der jüngere Monarchenbruder Prinz Fachd.

In dieser Situation braucht Saudi-Arabien verläßliche ideologische Bundesgenossen wie Ägypten. Doch man überwand hier noch immer nicht das durch Gamal Abdel Nasser genährte Mißtrauen gegen den ägyptischen Expansionismus in der arabischen Welt. Das Nilland soll zwar gestärkt werden, aber nicht zu stark sein.

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