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Neuer Staat - neue Chancen

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Eine Wirtschaftskommission Österreich-Slowakei soll nach den Worten von Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel den Wirtschaftsbeziehungen zum neuen Nachbarn neue Dimensionen erschließen. Bei der Eröffnung der österreichischen Außenhandelsstelle in Bratislava vor einer Woche verstrahlten Premier Meciar und die Österreicher Optimismus.

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Eine Wirtschaftskommission Österreich-Slowakei soll nach den Worten von Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel den Wirtschaftsbeziehungen zum neuen Nachbarn neue Dimensionen erschließen. Bei der Eröffnung der österreichischen Außenhandelsstelle in Bratislava vor einer Woche verstrahlten Premier Meciar und die Österreicher Optimismus.

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Nach einer Schätzung des Slowakischen Statistischen Zentralamtes bedeutet die Teilung der CSFR in zwei Staaten einen Rückgang des slowakischen Bruttonationalprodukts um 2, 4 Prozent, des tschechischen um 2,3 Prozent. Die Zahlungsbilanz könnte eine Verschlechterung um sieben Milliarden Kronen erfahren, in der Tschechei dürfte es sich um 15 Milliarden Kronen handeln.

Das slowakische Budget muß mit einer Mehrbelastung von zehn Milliarden Kronen rechnen, während eine solche im tschechischen Staat wegfallen würde. Zudem steht der Slowakei eine Steigerung der Arbeitslosigkeit auf 17,3 Prozent, den Tschechen eine auf 6,8 Prozent bevor, während der Privatverbrauch in der Slowakei um 7,7 Prozent, in der Tschechei um 0,3 Prozent zurückgehen würde bei gleichzeitiger Preissteigerung um 19,2 Prozent (Slowakei) und 13,9 Prozent (Tschechei).

Hier will Österreich einhaken: Nach den Worten Schüsseis ist die Slowakei einer der wichtigsten Nachbarstaaten

Österreichs überhaupt, zu dem und dessen Repräsentanten ein außerordentlich gutes Verhältnis bestehe. Was die Zahl der Joint ventures betrifft, nimmt Österreich in der Slowakei die Spitzenposition ein (siehe Graphik); hinsichtlich des eingesetzten Kapitals liegt Österreich an zweiter Stelle.

Premmierminister Vladimir Me&ar, der bei seinen jüngsten Gesprächen in Ungarn bezüglich einer Kooperation beim Donaukraftwerk Gabciko vo, desgleichen bei Fragen der Rechte der ungarischen Minderheit in der Slowakei auf taube Ohren beziehungsweise harte Kritik gestoßen war, schien über die österreichischen Pläne so glücklich, daß er sogar das umstrittene Atomkraftwerk Bohunice erwähnte und darauf hinwies, daß man über die Notwendigkeit von Stromimporten aus Österreich gesprochen habe. Allerdings gibt es dafür noch nicht einmal die entsprechenden Hochspannungsleitungen.

Das Vertrauen Österreichs in die

neue Slowakei ist nach den Worten des Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer, Leopold Madertha-ner, und des Leiters der österreichischen Außenhandelsstelle in Bratislava, Philipp Marboe, in überreichem Ausmaß vorhanden. Die Unzufriedenheit der ungarischen Minderheit mit der neuen nationalistischen Verfassung und vermehrte Klagen über Versuche, die Pressefreiheit zu behindern, konnten dem offenbar keinen Abbruch tun.

In der Slowakei gibt es auch Stimmen von ungarischstämmigen Staatsbürgern, die sich gegen ein allzu lautes Aufbegehren ihrer Minderheitsvertreter aussprechen: Diesen vom Westen seinerzeit bezahlten Dissidenten sei der Staat abhanden gekommen, gegen den es zu protestieren galt, daher verlege man sich jetzt auf die Forderung nach einer Autonomie für die Magyaren, um eine politische Spielwiese zu haben. Volkesstimme? In Böhmen und Mähren hat eine inoffizielle Diskussion um den neuen Staatsnamen begonnen. Der Name „Tschechei" sei wegen der Erinnerung an die Nazizeit sehr unpopulär.

Das alte Kürzel „CSR" könnte in zwei neuen Bedeutungen zur Verwendung kommen: einmal in der Bedeutung „Tschecho-Slowa-kei" - unter Hinweis, daß es in Böhmen und Mähren eine bedeutende slowakische Minderheit gibt; oder in der Bedeutung „Ceska Spolkova Re-publika" (Tschechische Bundesrepublik). Indes fordern die Mährer eine entsprechende Verankerung ihres Landes beziehungsweise auch Schlesiens im neuen tschechischen Staatsnamen.

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