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Neues Patent
Während, wieder einmal ein Anlauf unternommen wird, die Arsenale der Atomwaffen zu reduzieren, „stapeln“ sich in den diversen Labors die „biologischen Atombomben“ . So wurden schon vor 20 Jahren die Möglichkeiten der genetischen Manipulation bezeichnet. Bücher, die diese Aspekte einer zukunftsreichen Wissenschaft abhandelten, hatten Titel, wie ,JDie Biologie und der liebe Gott“ (Theo Löb- sack, 1968) oder ,Jhr werdet sein wie Götter“ (Heinrich Schirmbeck, 1966).
So berichtete jüngst die Frankfurter Allgemeine Zeitung, daß in Amerika endlich der Patentschutz für gentechnisch veränderte Tiere eingeführt wurde. Darunter fallen alle genetisch veränderten mehrzelligen, lebenden Organismen — mit Ausnahme des Menschen. 15 Patentanträge liegen der Behörde bereits vor, darunter auch einer des Versuchshofs in Beltsville (Bundesstaat Maryland). Der gehört dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium, und in Beltsville hat man einen Genabschnitt aus menschlichem Erbgut, der für die Herstellung eines Wachstumshormons verantwortlich ist, in die DNS von Schweineembryos eingebaut. Die FAZ schildert das Ergebnis so: ,X>ie Tiere wuchsen tatsächlich schneller, hatten weniger Fett und vererbten das neue Gen an Nachkommen. Die neuen Schweine litten jedoch an Arthritis, waren anfälliger für Infektionen und begannen zu schielen.“
Daß die Industrie die Entscheidung des Patentamtes begrüßt hat, ist verständlich, und auch Tierzüchter sollen auf atmen: Natürliche Kreuzungsversuche waren ja sehr zeitaufwendig, jetzt geht alles viel schneller. Zum Beispiel hat die landwirtschaftliche Fakultät der Universität Kalifornien in Davis bereits eine im Reagenzglas gezeugte Kreuzung aus Ziege und Schaf als Patent angemeldet. Ohne Zweifel wird die Gentechnik auch Fortschritte bringen, andererseits kann der Mißtrauens- Vorschuß nicht groß genug sein, wenn einmal damit begonnen wird, Lebewesen zu Waren zu degradieren. In der Schweiz wurde mit 130.000 Unterschriften eine Volksinitiative „gegen Mißbräuche der Fortpflanzung s- und Gentechnologie beim Menschen“ eingebracht. Die Unterzeichner wollen die Genforschung zwar nicht verhindern, aber in menschenwürdige Bahnen lenken.
Ob da noch viel zu lenken sein wird ? Da ist es eher eine Frage der Zeit, daß die Patentämter noch ein bißchen weiter denken: Der Mensch ist schließlich auch ein mehrzelliger lebender Organismus. Und in den USA untersteht das Patentamt ohnedies dem Wirtschaftsministerium.
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