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Neues politisches Denken
In den Jahren der Sowjetregierung wuchsen wir mit einer Meinung auf, die uns eine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft als intellektuellen und kulturellen Fehler erscheinen ließ — und hier in Polen gilt das sogar für Kommunisten!
Paradox? Anders kann man das doch nicht bezeichnen.
In Polen ist das eine Realität. Und mit dieser Realität muß man unbedingt rechnen. Dazu braucht man jenes neue politische Denken, zu
dem wir auch andere einladen.
Polen ist einer der wichtigsten Stützpunkte des Katholizismus in der Welt.
Der polnische Klerus verfügt über einen mächtigen Apparat, in dem Zehntausende Funktionäre in strenger Disziplin arbeiten. Die kirchliche Organisation kann massenhaft Zeitungen, Zeitschriften und Bücher herausgeben und genießt Autorität in weiten Kreisen der Bevölkerung.
Diese Autorität ist nicht erst jetzt gewachsen, sie war schon früher da. Die polnische Kirche hat schon früh patriotische Bewegungen unterstützt; insbesondere hat sie während des Zweiten Weltkrieges jene Kräfte gestützt, die gegen den Faschismus waren.
Die westliche bürgerliche Propaganda weist immer darauf hin, daß Gläubige schon aufgrund ihrer Kirchenzugehörigkeit in Oppo-
sition zum sozialistischen Staat stehen müßten. Diese Behauptung ist eine Lüge.
In den Nachkriegsjahren haben die Pojen unter Führung der Kommunisten, geeint in der patriotischen Arbeit, im Glauben an die Zukunft erfolgreich die Basis für die Entstehung der sozialistischen Gesellschaft geschaffen. Und dabei waren die meisten der werktätigen Polen gläubig.
Der polnische Demoskop Stanislaw Kwiatkowski ist
davon überzeugt, daß die polnische Religiosität überhaupt nicht so fanatisch auftritt, wie man sie zu sehen gewohnt ist.
Man darf jedoch nicht vergessen, daß es in Polen Kräfte gibt, die die Kirche zu einem politischen Gegner des Staates umwandeln wollen. Zu solchen Aktivitäten möchten auch westliche reaktionäre Kreise die Kirche einspannen.
Die absolute Mehrheit der Gläubigen in Polen ist davon überzeugt, daß die Kirche aufgrund ihrer Tätigkeit und Position die Konfrontation mit dem Staat nicht nötig hat. Im Rahmen der gemeinsamen Interessen ist außerdem eine konfliktlose und freundschaftliche Zusammenarbeit möglich.
Und gibt es solche gemeinsamen Interessen? Selbstverständlich! Nichts kann heiliger sein als die Verteidigung des Lebens auf dieser Erde.
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