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Neuland mit Tradition

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Das Land zwischen Inn und Enns wird heute begründeterweise oftmals als jenes Bundesland bezeichnet, in welchem der industrielle Aufstieg Österreichs in den letzten Jahrzehnten seinen stärksten und eindrucksvollsten Niederschlag gefunden hat. Tatsächlich hat eich die oberösterreichische Produktionspotenz auf das Siebzehnfache der Vorkriegszeit gesteigert und beträgt der Anteil an Industrieerzeugung und Export etwa je ein Viertel des ge- samtösterreichischen Volumens. — Trotzdem besitzt Oberösterreich auch als Erholungs- und Urlaubsland nicht nur eine reiche Tradition,, sondern hat es gerade in dieser Beziehung in der jüngsten Vergangenheit einen beachtlichąp Aufschwung genommen.

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Das Land zwischen Inn und Enns wird heute begründeterweise oftmals als jenes Bundesland bezeichnet, in welchem der industrielle Aufstieg Österreichs in den letzten Jahrzehnten seinen stärksten und eindrucksvollsten Niederschlag gefunden hat. Tatsächlich hat eich die oberösterreichische Produktionspotenz auf das Siebzehnfache der Vorkriegszeit gesteigert und beträgt der Anteil an Industrieerzeugung und Export etwa je ein Viertel des ge- samtösterreichischen Volumens. — Trotzdem besitzt Oberösterreich auch als Erholungs- und Urlaubsland nicht nur eine reiche Tradition,, sondern hat es gerade in dieser Beziehung in der jüngsten Vergangenheit einen beachtlichąp Aufschwung genommen.

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Als reizvolles Seen- und Alpemge- biet, zugleich aber auch als Bereich der kaiserlichen Sommerfrische und Zentrum eines zunehmenden Heilbäderwesens spielte das Salzkammer- gut seit mehr ala 100 Jahren im österreichischen und internationalen Fremdenverkehr eine maßgebliche Rolle. Nicht nur Kaiservilla oder Le- här-Theater, sondern etwa auch das im Ringstraßenstil- überdimensional gestaltęte’ Postamt in Bad tschl, in dem sich einst während der Sommermonate das Nachrichtensystem eines Großreiches konzentrierte, sind heute noch Zeugen einer bedeutenden und großen Vergangenheit. Ischl rangierte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezüglich der Besucher-’ und Nächtigungszahlen auf gleicher Stufe wie etwa Bad Gastein, Karlsbad oder die bekannten Modeorte der Schweiz und Westauropas. Gmunden, St. Wolfgang, ebenso aber etwa auch Bad Hall und in weiterer Folge Windischgarsten im Pyhmge- biet sind gleichfalls Orte, die bereits zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie als Kurorte oder „Sommerfrische“ einen großen Zustrom hatten. 1913 zählte der ober- österreichische Fremdenverkehr bereits 1,653.000 Nächtigungen. Bewirkt durch die kaiserliche Sommerresi- denz im Salzkammergut, kamen damals etwa 80 Prozent der Gäste aus Wien und den Provinzen des Reiches, immerhin aber bereits ein Siebtel aus Deutschland und etwa neun bas elf Prozent aus den übrigen europäischen Staaten und Übersee. 101 ober- österreichische Orte wurden als Fremdenverkehrsorte bezeichnet, mit mehr als 3000 Nächtigungen pro Jahr.

ln der Zwischenkriegszeit fand diese Entwicklung, wenn auch später in den dreißiger Jahren gehemmt durch die Weltwirtschaftskrise und die 1000-Mark-Sperre des Deutschen NS-Reiches, ihre Fortsetzung. Vor mehmliich die oberösterreichischen Heilbäder und Kurorte — vermehrt durch Schallerbach und Gailspach, die Wirkungsstätte von Zeileds — gewannen einen weitreichenden Ruf. Abgesehen von den Piomiertaten im Bereich des Kurwesens, kann Oberösterreich allgemein im Fremdenverkehr auf zahlreiche bahnbrechende Leistungen und Geschehnisse verweisen. So waren im Salzkammergut die Ingenieure Stern und Hafferl nicht nur lange vor dem Ersten Weltkrieg Pioniere der Elektrifizierung des Bahnnetzes, es wurde auch auf dem Traunsee schon 1911 ein linienmäßiger Passagierverkehr mit elektrisch betriebenen Motorbooten aufgenommen. Die 1927 eröffnete Feuerkogel-Seilbahn bei Ebensee war für lange Zeit die längste stütz-

auf dem FeuerkageJ selbst wurde der erste Skilift Österreichs schon in den dreißiger Jahren in Betrieb gesetzt. St. Wolfgang sollte 1925 Zielpunkt eines regelmäßigen Flugünoenver- kehrs von Wien in das Salzkammer- gut sein, nachdem bereits seit 1893 die Zahnradbahn auf den Schafberg verkehrte. Mit jährlich etwa 400- bis 500.000 Ausländemächtigungen betrug in den dreißiger Jahren dieser Anteil etwa ein Fünftel der Gesamtnächtigungen im Bundesland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg mußte, wie auch auf so vielen anderen Gebieten, im Fremdenverkehr in Oberösterreich ein völlig neuer Anfang gesetzt werden. Neben den Initiativen der gastgewerblichen Unternehmer waren hierbei auch die ein vernehmlich von der Wdrtschaftsver- tretunig mit dem Land getroffenen Maßnahmen von ausschlaggebender Bedeutung, seien es die Landesgesetz- lichen Regelungen bezüglich der Fremdenverkehrsgemeinden sowie der Heilbäder und Kurorte, welche eine tragfähige Fremdenverkehrsorganisation auf örtlicher und aus Lan- desebene zum Gegenstand haben, seien es die Einführung von Kredit- aktipnen uncį zahlreichę andere Einrichtungen, die auf eine Wiederbelebung und Entfaltung Oberösterreichs als Ferienlamd abzielten. Insbesondere waren die Bemühungen darauf ausgerichtet, neue Gegenden des Bundeslandes, die für eine industrielle Ansiedlung weniger geeignet sind, für den Fremdenverkehr zu erschließen und hierbei besonders auch auf das Kurortewesen Bedacht zu nehmen.

Schon 1954 konnte das Land wieder 3,18 Millionen Nächtigungen verzeichnen, eine Zahl, die bis 1973 auf rund 8,9 Millionen Näcbtigungen angestiegen ist. Die Zahl der Ausländemächtigungen hat mit 4,8 Millionen sich auf rund 56 Prozent erhöht.

Nichtsdestoweniger ließ die jüngste Zeit auch in Oberösterreich erkennen, daß ein gewisser Kulminationspunkt erreicht war und daß vom Standpunkt der Fremdenverkehrspolitik sowohl im Bereich der hierfür ausschlaggebenden Entwicklung auf dem Steuer-, Kredit- undWährungs- sekjor Maßnahmen erforderlich wurden, wie auch solche der Landes und

Regionalpolitik. Dieses Erfordernis wird durch das bisherige Geschehen im heurigen Jahr nur noch bekräftigt, wenn man bedenkt, daß in den ersten drei Vierteljahren 1974 ein (übrigens erstmaliger) Rückgang der Nächtigungen im Bundesland um vier Prozent verzeichnet werden mußte.

Der Umstand, daß sich dm Ver gleich zu anderen Bundesländer: Oberösterreich verhältnismäßig sta bil gehalten hat — im vorigen Jah konnte sogar noch eine Zunahme de Gesamtnächtigungen um 2,4 Prozen registriert werden — und etwa aud die Auswirkungen der Energiekris zunächst vor allem partieller Natu waren, deutet darauf hin, daß di großen- und kategorienmäßig über wiegend von einem mitteren Niveai bestimmte Betriebsstruktur der ober- österreichischen Fremdenverkehrs Wirtschaft und ebenso die zurückhal tende Preispolitik der Untemehmun gen sich vorteilhaft bewährt haber Nichtsdestoweniger müssen jedocl ebenso wie die Förderungsmaßnah men für den Fremdenverkehr ir Lande, auch jene der strukturelle: Einflußnahme neu geprüft Werder wobei die Zusammenhänge zwische: gesamtwirtschaftlicher Regionalent wirkhmv und den Funktionen de

Fremdenverkehrs von besonderer Bedeutung sind. Vor allem geht es hierbei auch um die Bewältigung jener Probleme, die eich aus der bisher überwiegend nur auf einer — und auch hier nur relativ kurzen Hauptsaison basierenden Fremden- verkehrspotenz des Landes ergeben.

Die Handelskammer Oberösterreichs hat daher bereits um die Jahreswende 1971/72 das österreichische Institut für Raumplanung mit der Ausarbeitung einer Studie „Ober- österreichisches Fremdenverkehrskonzept“ beauftragt, die ein umfangreiches Kompendium an Ergebnissen eingehender Grundlagenforschung erbrachte. Einvemehmlich mit der herausgebenden Kammer, sowie mit den zuständigen Stellen des Landes und den anderen In- teressienskörperschaften, hat der Oberösterreichische Landesfremdenverkehrsrat sich in der Folge im Rahmen von Arbeitskreisen mit der Studie befaßt. Die Fremdenverkehrspolitische Abteilung der Handelskammer hat es sodann übernommen, einen übersichtlichen Problem- und Maßnahmenkatalog mit einem entsprechenden Empfehlungsprogramm auszuarbeiten, der als „Fremdfenver- kehrskonzept für Oberösterreich“ im Sommer 1974 erschienen ist.

In diesem Konzept werden für den Fremdenverkehrsausbau in Ober österreich folgende Entwicklungs ziele als vorrangig erachtet.

• Entwicklung eines Zweisaisonen- betriebes in jenen Gebieten, die eine Eignung für den Wintersport in seinen verschiedenen Formen und für die Wintererholung ohne sportliche Betätigung besitzen.

• Sansonausweitung, vor allem in den stärker frequentierten Einsai- songebieten.

• Weitere Verbesserung der Quali- . tat des bestehenden Angebotes und Kapazitätserweiterung nur dort, wo , eine steigende Frequenz erwartet werden kann.

• Ausbau des Fremdenverkehrsangebotes in bestehenden Fremdenver- i kehrsorten in Richtung einer Abrundung, und damit Erzielung einer , möglichst starken Attraktivitätsstei- . gerung.

• Spezialisierung des Angebotes un- : ter Berücksichtigung einer möglichst zweckmäßigen regionalen Differen- ; zierung desselben.

• Wirksame Sicherung und zweckmäßige Erschließung wertvoller Erhoiungsgebiete.

• Vermehrter und verbesserter Natur- und Landschaftsschutz sowie Erhaltung der für den Tourismus wertvollen kulturellen Güter (wie Kunstdenkmäler, Ortsbilder).

Allgemein wird für die Entwick lung auf dem Sektor der Urlaubsauf - . enthalte angestrebt, daß sich Ober- . Österreich noch stärker als Ferien- . land mit mannigfaltigem Angebot . und als „Land der Vielfalt“ anbietet. [ Der Ausflugsverkehr wird auch in , Zukunft eine wichtige Säule des t Öberösterreichischen Fremdenver- . kehrs bilden. Hierbei ergeben sich bedeutsame Entwicklumgschamcen nicht nur aus der zunehmenden Aus- flugsintensität der eigenen Bevölkerung, sondern auch aus dem wach- senden Zustrom von Ausflüglern aus . den Oberösterreich benachbarten Räumen.

Der mit der Studie „Oö. Fremden- Verkehrskonzept“ erarbeitete Vor- i schlagskatalog wurde zu jeweils zehn

Hauptpunkte umfassenden Program- [ men zusammengefaßt, die sich an den Bund, an das Land, an die Gemein- . den, an die Kurorte und Heilbäder, die Fremdenverkehrsverbände und -kammissionen sowie an die Fremdenverkehrswirtschaft selbst wenden. Diese Punktationen sollen die allgemeinen Zielrichtungen für jene auf Oberösterreich bezogenen Maßnahmen abgeben, denen nach den derzeitigen Voraussetzungen Priorität zuerkannt werden soll.

Gerade in Oberösterreich als jenem Bundesland, das in industrieller und gewerblicher Hinsicht eine führende Stellung innerhalb der gesamt- ösiterreichischen Volkswirtschaft ein- nimmt, weiß man, wie notwendig es ist, eine auf Gegenwart und Zukunft orientierte Fremdenverkehrspolitik vom Wort in die Tat umzusetzen.

Oberste Maxime für die Fremdenverkehrspraxis im „Land der Vielfalt“ ist hierbei stets der Leitsatz, daß sich der Gast in einer an Abwechslung reichen Umgebung bei einem erlebnisvollen und zugleich erholsamen Aufenthalt „wie zu Hause“ fühlen soll.

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