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Neuntausend Jahre Kultur
Seit vielen Jahren besteht zwischen dem Haschemiten-Kö-nigreich Jordanien und Österreich durch häufige Besuche seiner Herrscherfamilie in unserem Land ein gewisses Nahverhältnis, und die Popularität Jordaniens als Reiseland ist nicht zuletzt durch die faszinierenden Felsfassaden der Grabmonumente von Petra ständig im Steigen. Die Ausstellung „Der Königsweg - 9000 Jahre Kunst und Kultur in Jordanien“ auf der Schallaburg nahe Melk ist eine Selbstdarstellung
des Landes, die den archäologischen Rahmen sprengt und den Blick auf die Wurzeln dieser uralten Kulturlandschaft freigibt.
Die biblische Uberlieferung bezeichnet mit dem „Königsweg“ j e-ne wichtige Karawanenstraße, die sich am Rande der großen Wüste jenseits des Jordans und des Toten Meeres entlangzieht, und auf der sich seit dem frühesten Altertum der Verkehr zwischen der arabischen Halbinsel und der Mittelmeerküste abspielte. Geographisch gesehen ist es ein schmaler Streifen Land, mit wenig natürlichen Reichtümern gesegnet. Diese Verbindungsstraße war jedoch für die Abwicklung eines friedlichen und fruchtbaren Handelsverkehrs, aber auch für Kriegszüge außerordentlich wichtig und wurde zu allen Zeiten dem Weg durch den Jordangraben vorgezogen, da sie mehr Schutz und bessere Möglichkeiten zur Verteidigung bieten konnte.
Entlang dieser Lebensader des Landes liegen auch die Grabungsstätten, aus denen die meisten Exponate der Ausstellung stammen. Sie wurden in den letzten zehn Jahren von einem jordanischdeutsch-französischen Archäologenteam gefunden und werden nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die reiche Geschichte dieser Straße reicht vom Neolithikum über die späte Bronzezeit zum Exodus der Hebräer, die auf ihrem Zug ins Gelobte Land, diesen Weg benutzen wollten (4. Mose 20,17), bis zum Ausbau der Fernstraße „Via Nova Traiana“ durch die Römer. Sie verband Damaskus mit der Provinzhauptstadt Bosra (heute Syrien) über Philadelphia (Amman) und die Naba-täermetropole Petra mit dem Golf von Aqaba. Vom 7. Jahrhundert n. Chr. an benützten mamelukische und osmanische Pilger die Straße auf dem Weg nach Mekka und Medina.
Die Ausstellung gibt Aufschluß über die sehr bewegte Geschichte des Heiligen Landes bis in die ersten Jahrhunderte islamischer Herrschaft. Die Fülle und Qualität der Schaustücke läßt aller-
dings noch weitere Entdeckungen erwarten. Ein hervorragender, reich bebilderter Katalog gibt zusätzlich Aufschluß über das Gebiet und seine frühen Hochkulturen.
Geradezu ideal eignet sich der Waffenkeller der Schallaburg mit seinen Ziegelwänden für die Aufstellung dieser Objekte. Auf gemauerten Sockeln werden in schlichten Glasvitrinen die archaischen, auf Sand gebetteten Schaustücke durch kunstvolle Beleuchtung aus dem Dunkel des Kellers geholt. Gespannte Leinensegel, die an Zelte erinnern, trennen die zeitlich in Gruppen zusammengefaßten Fundstücke.
Allein die Glanzstücke genügen, um die Ausstellung - die vorher in Paris und Köln zu sehen war—zum lehrreichen Erlebnis zu machen. Zwei jungsteinzeitliche Statuetten, die den menschlichen Körper stark schematisieren, beeindrucken durch ihre schlichte Gestaltung. Aus der mittleren Bronzezeit stammen skulpierte Elfenbeintäfelchen, die erst 1984 in Pella ausgegraben und zu ei-
nem Kästchen rekonstruiert worden sind.
Zwei Städte sind mit plastischen Fundstücken in der Ausstellung vertreten: Petra, das religiöse und zivile Zentrum der Na-batäer, und die römische Stadt Gerasa. Die gigantische Stadt Petra, inmitten steü aufragender, zerklüfteter Berge liegend, ist durch ihre riesigen, aus dem Gestein herausgearbeiteten Felsgräber bekannt.
Ein weiterer Schwerpunkt der Exponate liegt in den Funden der hellenistisch-römischen Provinzstadt Gerasa, obwohl noch große Teüe der antiken Stadt ihrer Ausgrabung harren. Aus der reichen byzantinischen Vergangenheit werden einige prachtvolle frühchristliche Mosaiken gezeigt, die die Sonderstellung Jordaniens auf diesem Gebiet untermauern. Mit Zeugnissen der islamischen Keramik vom 7. bis zum 14. Jahrhundert schließt die unbedingt sehenswerte Ausstellung, die bis zum 6. November zu besichtigen ist.
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