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Nicht ist weise
Die Landtagswahl im Burgenland hat einmal mehr gezeigt, daß eine zu lange Inne-habung der Macht auch dem tüchtigsten Politiker nicht gut tut und auch die Partei, der er angehört und die er führt, in Mitleidenschaft zieht.
Und Theodor Kery war ein hochbegabter und sehr verdienter Landeshauptmann und Politiker. Er hat aber die Zeichen der Zeit nicht verstanden, nicht rechtzeitig für personelle Auffrischung und ideelle Erneuerung gesorgt, sondern sich so lange als möglich an die Macht geklammert und es so darauf ankommen lassen, abgewählt zu werden.
Diesen Mangel an Weisheit und Weitblick hat der Lyriker Stefan George in einem nicht nur auf Politiker anwendbaren Gedicht mit den Worten umschrieben: „Nicht ist weise, bis zur letzten Frist zu genießen, wo Vergängnis ist.“
Der Ausgang der burgenländischen “Wahlen sollte aber auch für Fred Sinowatz, der Kery in gewissem Sinne gemacht hat und der von ihm gestützt wurde, wie er ihn stützte, ein Menetekel und eine Mahnung sein. Sinowatz sollte sich nicht an die Reste der Macht, die ihm noch zur Verfügung stehen, klammern und sich auch nicht am kommenden Parteitag der SPÖ in einer der ÖVP abgelauschten ,Jetzt-erst-recht“-Stim-mung zum Parteiobmann wiederwählen lassen.
Viel eher wäre Sinowatz noch als Landeshauptmann des Burgenlandes in Frage gekommen. Doch als Parteiobmann der SPÖ ist Sinowatz mit seinem halben Rückzug aus der Bundespolitik, wo längst ein ganzer fällig ist, eine halbe Lösung, eine Verschleppung und Verschleierung, aber keine wirkliche Lösung der Probleme der Partei.
Und auch Bundeskanzler Franz Vranitzky wäre schlecht beraten, wenn er sich mit einer halben Lösung zufrieden gibt, statt die Gunst der Stunde zu nützen und die Partei an sich zu reißen und zu prägen.
Denn kann aus einer Addition von zwei Halbheiten eine ganze und überzeugende Lösung entstehen? Und wer sollte diese Halbheiten zusammenfügen? Etwa die Betroffenen selbst oder ein Außenstehender, der wie Klubobmann Heinz Fischer als lachender Dritter in der Lage wäre, Fäden zwischen den beiden zu knüpfen, aber auch zu zerreißen?
Der Erfolg einer solchen Konstruktion auf der Linie des geringsten Widerstandes bliebe jedenfalls abzuwarten. Die bisherigen historischen Erfahrungen mit Triumviraten dieser Art sind nicht gerade vielversprechend.
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