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Nicht mehr im Schatten der Musik

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Am 5. Februar wurde in Salzburg die Moderne Galerie und Graphische Sammlung Rupertinum eröffnet, ihr Kernstück ist die Schenkung Friedrich Welz’.

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Am 5. Februar wurde in Salzburg die Moderne Galerie und Graphische Sammlung Rupertinum eröffnet, ihr Kernstück ist die Schenkung Friedrich Welz’.

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Salzburg verfügt nun über eine Galerie für moderne österreichische Graphik — Landeshauptmann Haslauer eröffnete sie am dritten Todestag des Salzburger Kunsthändlers Welz, dessen Schenkung hauptsächlich das graphische Oeuvre Oskar Ko-

koschkas, aber auch Werke von Kubin, Kolig, Thöny, Picasso und Manzü umfaßt. Die Kunst des 20. Jahrhunderts und ihre Voraussetzungen sind das Gebiet des Rupertinums, wozu der Leiter des Museums, Otto Breicha, maßgebliche Österreicher mit Daten des Auslands konfrontieren möchte.

Den Aspekt der schönen Stadt, deretwegen die Menschen nach Salzburg kommen, sah er bisher „kaum berücksichtigt“ und von

der Stadt der Musik sei auf dem Gebiet „des Kreativen nicht so viel“ zu bemerken. „Im Schatten des Theaters und der Musik“ stand trotz großer Ausstellungen die bildende Kunst jahrelang, schreibt dazu der Landeshauptmannstellvertreter Moritz.

Die bereits scherzhaft West-Albertina genannte Galerie hat in einem Bau Heimat gefunden, dessen Ursprünge bis ins Mittelalter verfolgbar sind und der 1663 im Auftrag des Fürsterzbischofs Paris Lodron für zwölf Studenten des Gymnasiums und der Universität umgebaut wurde. Diese Zweckbestimmung hielt das Gebäude mehr oder minder durch.

Als es 1976 die Landesregierung erwarb, war klar, daß jetzt ein entscheidender Akzent von der modernen Architektur für die Altstadt- und Altbausanierung zu leisten war. Die Lösung des Architekten Gerhard Garstenauer

zeigt nun eine elegante Renovierung und ein Gebäude, das den Zwecken eines modernen Museums entspricht. Das Äußere des Hauses blieb nahezu unangetastet, der Hauptzugang, ursprünglich der Franziskanerkirche gegenüber gelegen, wurde in die Philharmonikergasse verlegt und in die Achse des Innenhofes gerückt.

So entstand ein „Skulpturenhof“ mit Arkaden, Kastanienbaum und Brunnen. Der erste Bildhauer, der hier ab 10. Februar ausstellen wird, ist Franz Xaver Ölzant. Im Innern des Rupertinums findet man einen überdeckten Hof mit Bogengängen und Glasoberlichte, „das zentrale architektonische Ereignis“. Das alte Grabendach wurde über den Lichthof geführt und mit Materialien und Konstruktionsmethoden unserer Zeit ausgebildet. Garstenauer war bestrebt, keinen „vi

suellen Betrug“ im Konnex von Alt und Neu zuzulassen. Ergänzungen bei Bögen und Gewölben sind als solche auch zu erkennen.

„Etwas kann ich garantieren: Es wird hier immer etwas los sein“, leitet Otto Breicha zu seinem Museums- und Galerieprogramm über; „wer sagt, er war schon im Rupertinum, irrt sich gründlich, wenn er nicht wieder herkommt“. Es liegen übrigens bereits zwei graphische Mappenwerke vor, und zwar von Johannes Wanke 16 Holzschnitte „Salzburger Land“ und sechs Farblithos „Salzburger Suite“ von Bernhard Barek.

Die Öffentlichkeitsarbeit mit eigener Museumspädagogin, Bibliothek, Film- und Videoarchiv (das noch aufzubauen ist) samt Katalogen und anderen Aktivitäten werden nicht zu übersehen sein. Sicherlich wird das Rupertinum davon profitieren, daß die

Festspielhäuser über die Straße benachbart sind und daß diese Form einer Galerie zwar kein Unikat, sicher aber eine mehr als wohlgelungene Lösung darstellt.

Altsalzburger Bautradition, heimische Materialien und Ideen, die weit in die Zukunft reichen, ohne die Bläßlichkeit einer Utopie an sich zu tragen, werden das Rupertinum und damit die bildende Kunst der jüngeren Vergangenheit und vor allem der Gegenwart als dominierenden Faktor im Salzburger Kulturleben auftreten lassen. Mit einem Aufwand von 43 Millionen Schilling für die Restaurierung und einer Einstandsgabe mit dem Zyklus „Rauhnacht“, Federzeichnungen von Alfred Kubin, hat das Land Salzburg zunächst einmal den Grundstock dafür gelegt, daß die Schatten der Musik über der bildenden Kunst dank dem Ruperti- nischen Licht etwas kürzer geworden sind.

Von Selbstzufriedenheit kann natürlich keine Rede sein, da ja ein solcherart ausstaffiertes Haus die Probe auf die zeitgenössische österreichische Graphik erst mit den Folgeausstellungen zum eigenen Besitz hinzu bestehen kann.

Die Diskussion bleibt angefacht: ob Friedensreich Hundertwassers „Zungenbärte" in Gold und Silber als Schmuck dem Bau Akzente verleihen werden — diese Entscheidung steht noch aus.

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