6814918-1973_03_04.jpg
Digital In Arbeit

Nicht nur Sommer-Hausse

Werbung
Werbung
Werbung

Die Wiener Wertpapierbörse und die österreichischen Kreditinstitute setzten im vergangenen Jahr mit rund 1,1 Milliarden Schilling ungefähr doppelt so viel an Aktien um, wie im Jahr zuvor. Die Gesamtumsätze der Börse lagen vergleichsweise etwas niedriger als im Jahr 1971. Das bedeutet nach Meinung von Fachleuten, daß der Bankensektor offensichtlich eigene Bestände auf den Markt werfen mußte, um das Käuferinteresse befriedigen zu können.

Am Jahresende zeigte sich jedenfalls, daß die Hausse des Frühsommers keine vorübergehende Erscheinung war, wie dies einige Pessimisten befürchteten. Diese Entwicklung findet übrigens auch in einer Steigerung des Aktienkursindex von mehr als 20 Prozent ihren Niederschlag.

Obwohl man Ursachen für derartig günstige Kursbewegungen relativ schwer exakt voraussagen kann, ist doch anzunehmen, daß die in Österreich anhaltend gute Konjunktur ihren Beitrag zu der Steigerung des Kaufinteresses geleistet hat. Die im Lauf des letzten Jahres veröffentlichten Bilanzen der an der Börse notierten Aktiengesellschaften hatten trotz gestiegener Kosten und der inflationären Entwicklung zumeist überaus gute Endergebnisse — eine Entwicklung, die sich auch im kommenden Jahr fortsetzen dürfte.

Wohl am überraschendsten war auch für gute Kenner der Wiener die Tatsache, daß sich die Aktien der beiden staatlichen Großbanken nach jahrelang nahezu unveränderten Kursen nach oben in Bewegung setzen konnten. Kursgewinne bis zu 40 Prozent bei Bankaktien klingen für die Wiener Börse sensationell.

Neben den Bankaktien waren die Bauwerte die großen Gewinner des Jahres 1972. Die anhaltende, schon fast überhitzte Baukonjunktur und die gute Gewinnentwicklung der Gesellschaften dürfte hierbei das auslösende Moment gewesen sein. Dividendenerhöhungen von Baugesellschaffen im Lauf des Jahres 1972 scheinen ein weiterer Kaufanstoß gewesen zu sein. Rekordgewinner waren die Aktien der Wienerberger Baustoffindustrie AG, deren Kurs nach einem Endspurt in der zweiten Jahreshälfte im gesamten vergangenen Jahr um 120 (!) Prozent gestiegen ist. Auch Universale rangiert mit einer Kursverbesserung von rund 50 Prozent im Gewinn-Spitzenfeld.

Aber auch andere Branchen konnten Rekordgewinne verbuchen. So etwa die Aktie der Austria Email, die um 110 Prozent anstieg; das bedeutet aber nicht, daß es der ganzen Metallbranche so gut ging — einzelne Werte mußten sogar Verluste hinnehmen. Glücklicher waren Brauwerte, die ähnlich der Bankaktien sich von jahrelang gehaltenen Kursen lösten und zum Teil erhebliche Gewinne verbuchen konnten.

Papier und Textilaktien entwickelten sich parallel zu den Geschäftsergebnissen atypisch: Die Konjunktur hatte diese Branchen nur zum Teil erfaßt, es gab daher auch an der Börse keine erheblichen Veränderungen. Eine Ausnahme bildeten Kleinmünchner Aktien, die im Jahresverlauf vermutlich spekulativ um etwa 90 Prozent anstiegen.

Auch die Standardwerte konnten sich stark verbessern, eine Erscheinung, die man auch im Freiverkehr verfolgen konnte. Mit dem Liquidationsbeschluß der Solo Industrien AG hat die Wiener Wertpapierbörse einen neuerlichen Abgang eines Wertes in Österreich verzeichnen müssen, dem keine Neueinführung gegenübersteht. Hingegen konnten auch im vergangenen Jahr mehrere ausländische Werte an der Wiener Wertpapierbörse neu eingeführt werden: IBM, Nestle, AEG Telefunken, Siemens und Kommerzbank AG-Aktien sind die Neulinge, die zum Teil schon sehr günstige Kursentwicklungen verzeichnen konnten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung