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Niveaulose Scharmützel

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Für die drei Parteiobmänner in den Wiener Zentralen beinhaltet der bevorstehende Urnengang in Kärnten einigen bundespolitischen Zündstoff:

• Fred Sinowatz wird am Wahlsonntag dem regierenden Landeschef Leopold Wagner (20 Mandate) Daumen drücken, daß dieser nach etlichen verpatzten Wahlen in den Bundesländern den An-ti-SP-Bundestrend stoppt. Ein Sieg in Kärnten bedeutete für die krisengeschüttelte SP die beste Genesung.

• Alois Mock kann nur hoffen, daß sein Parteifreund Stefan

Knafl (12 Mandate) den Aufwind der ö VP nützt und im roten Kärnten aufholt. Mehr ist nicht drin. Das weiß Mock.

• Für FP-Obmann Norbert Steger ist das Abschneiden des blau-' en „Rebellen“ Jörg Haider in jedem Fall unheilvoll: Verliert Haider, bedeutet das für Steger eine weitere Wahlniederlage. Gewinnt Haider, dann ist dieser der Gewinner eines pikanten innerparteilichen Gesinnungsduells.

Entgegen diesen brisanten bundespolitischen Aspekten entpuppt sich der Wahlkampf selbst als ereignisloses Polit-Scharmüt-zel ohne Höhepunkte und Niveau.

Da wird beispielsweise ausgiebig darüber diskutiert, wieso Haider Wagner wegen seines fortgeschrittenen Alters attackierte, wenn dieser dann den jungen

FPler in einem Tennismatch vom Court fegte. Das scheint in Kärnten relevanter zu sein als ernste Diskussionen über Inhalte.

Die gibt es nicht. Symptomatisches Beispiel hiefür ist das kuriose Stillhalteabkommen zwischen Kärntner SP und VP, was zwei jüngste Skandale anlangt:

Während der Rechnungshof Mängel im Wohnbauressort des Wagner-Stellvertreters Erwin Frühbauer (SP) ortete, agierte dessen Pendant Stefan Knafl nicht viel glücklicher: Sein Straßenbauamt verluderte sechs Millionen an eine illiquide Baufirma. Uber beides wird im lauen Kärntner Wahlkampf kaum geredet.

Die einzigen Attacken reduzieren sich auf die Polit-Figuren selbst: So wird Wagner ein „machtgieriger Macchiavellist“ oder Haider ein „opportunistischer Klimazerstörer von außen, der sich händeschüttelnd von einem Bierzelt zum anderen hantelt“ geschimpft.

Die SPÖ — aber nicht nur sie — bedarf in diesem Wahlkampf keiner ausgefeilten Programm-Präsentation: Ihr Programm ist Leopold Wagner. „Wir in Kärnten wählen den Landeshauptmann“, heißt es auf den SP-Plakaten.

Die stämmig gewordene Kärntner Vaterfigur Leopold Wagner braucht im Karawankenland niemanden zu fürchten. Der ehemalige Kurzstreckenläufer regiert das Land seit einem Jahrzehnt mit absoluter Mehrheit.

Die Machtstrukturen sind so festgefahren, daß sich auch nach dem 30. September wenig ändern wird.

Stefan Knafl hat vor kurzem ohnehin mit einer A-priori-Kapi-tulation aufhorchen lassen: Er könne sich durchaus einen Landeshauptmann Haider vorstellen, meinte er vor Journalisten in Wien.

Dennoch geben sich die Kärntner Landesschwarzen um Knafl Mutinjektionen: „Wählt Kärnten ins Gleichgewicht“, lassen sie von den Plakatwänden ins Volk rufen.

Die Kärnter FPÖ, die den Wahlkampf autonom und losgelöst von der Bundes-FPÖ führt, baut ganz auf Haider: „Der traut sich was, der Jörg“, leuchtet es von den Wahlplakaten der Freiheitlichen.

In der Tat: Haiders Freiheitliche unterstützen als einzige Partei offiziell das Volksbegehren des Kärntner Heimatdienstes in der Südkärntner Schulfrage. 34.000 Kärntner haben unterschrieben.

Wenn das alles ist, was Haider in seinem Einstandsjahr an nationalem Wählerpotential mobilisieren konnte, wird er sich hüten, das Ergebnis für sich zu interpretieren.

Immerhin standen 92 Prozent der wahlberechtigten Kärntner dem KHD-Begehren zumindest gleichgültig gegenüber. In den traditionellen FP-Hochburgen St. Veit und Feldkirchen fiel die Beteiligung zudem extrem schwach aus.

Dennoch bleibt Haider die große Unbekannte in der Landtagswahl. Während ihn einige bereits aus dem hauchdünn gepolsterten Landesratssessel purzeln sehen, erspähen ihn andere schon als potentiellen Steger-Nachfolger.

Der Anti-Steger-Kämpfer exerziert im Wahlkampf Populismus in Reinkultur: Er vermag sich inmitten einer linken Studentenrunde genausogut in Szene zu setzen wie bei einem Treffen der Kameradschaftsbündler.

Für die alternativen Gruppierungen in Kärnten ist die Landtagswahl eine Schuhnummer zu groß. Die slowenische „Kärntner Einheitsliste“, die gemeinsam mit der Kärtner Alternativen Liste kandidiert, ist aufgrund der Wahlkreiseinteilung chancenlos.

Und die Kärntner Grünen haben sich die ungünstige Ausgangsposition selbst zuzuschreiben: Sie sind aufgrund ihrer Passivität und Anonymität nicht viel mehr als ein politisches Leichtgewicht im Wahlkampf-Ring.

Fazit: Eine Landtagswahl, die zwar bundespolitisch von Interesse ist, aber an den politischen Machtverhältnissen in Kärnten selbst wenig ändern wird.

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