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Noch Hoffnung für Zypern?
Am kommenden Sonntag finden in dem seit 1974 türkisch besetzten Norden von Zypern Wahlen für ein eigenes Parlament statt. Sie könnten für die politische Zukunft der Insel große Bedeutung haben.
Am kommenden Sonntag finden in dem seit 1974 türkisch besetzten Norden von Zypern Wahlen für ein eigenes Parlament statt. Sie könnten für die politische Zukunft der Insel große Bedeutung haben.
Vor zwei Wochen hatten sich die Zyperntürken in Rauf Denktasch einen eigenen „Präsidenten” gewählt. Der international allein und als Staatschef von ganz Zypern anerkannte Kyprianou hat darauf in Athen beim ebenfalls frischgewählten griechischen Ministerpräsidenten Papandreou Schützenhilfe gesucht.
Als Ergebnis ihrer Beratungen hat jetzt die zyperngriechische Regierung in Nikosia dem Rahmenprogramm von UN-Generalsekretär Perez de Cuellar für eine einvernehmliche Zypernlösung endlich zugestimmt. Dasselbe föderative Konzept zur Wiedervereinigung der Inselrepublik unter vorläufiger Ausklammerung des künftigen Status oder Abzuges der türkischen Besatzungstruppen hatte schon im Jänner in New York zwischen Kyprianou und Denktasch auf dem Verhandlungstisch gelegen.
Damals weigerte sich der Führer der Zyperngriechen, die Vereinbarungen zu unterschreiben. Wenn Kyprianou jetzt einlenkt, hängt das sowohl mit der Schaffung vollendeter Tatsachen im Norden wie mit seinen wachsenden innenpolitischen Nöten im Süden von Zypern zusammen.
Erst Anfang Juni hatten die zyperngriechischen Kommunisten bei einer beeindruckenden Kundgebung an den alten Stadtmauern von Nikosia den Rücktritt von Kyprianou gefordert. Ihre AKEL-Partei ist seit den Wahlen vom Mai 1981 die stärkste politische Kraft der Insel.
Kurz zuvor war von der zweitstärksten Partei, der rechtsgerichteten „Demokratischen Sammlung” unter Klerides, gegen den Präsidenten und seine sozialliberale Regierungsmannschaft demonstriert worden.
Doch jetzt, unmittelbar vor der neuen Zyperninitiative von UN-Generalsekretär Perez de Cuellar zur bundesstaatlichen Wiedervereinigung der gespaltenen Inselrepublik, ist ein Kyprianou ohne inneren Rückhalt kaum mehr als ernstzunehmender Verhandlungspartner akzeptabel.
Ganz anders sein zyperntürkischer Gegenspieler Rauf Denktasch. Er kann im Norden bei den Parlamentswahlen des 23. Juni mit einem klaren Sieg rechnen; wie er ihn schon bei seiner „Präsidentenwahl” am 9. Juni verbucht hat, der ersten seit Nordzyperns einseitiger Unabhängigkeitserklärung vom November 1983.
Denktasch konnte dabei über 70 Prozent der insgesamt 93.000 Stimmen auf sich vereinen. Schon seit 1967 ist er inoffizieller Chef der türkischen Volksgruppe auf Zypern, die etwa 18 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.
Auf die bisher gemeinsame Zypernpolitik von Kyprianou und Papandreou, die für die Insel totale Entmilitarisierung und Blockfreiheit fordert, ist besonders der Schatten des schlechten Ab-schneidens ihrer zyperntürkischen Gesinnungsgenossen gefallen: Die marxistisch-prosowjetische „Republikanische Türken-Partei”, die früher bis zu 40 Prozent der Wähler repräsentierte, konnte für ihren Gegenkandidaten zu Denktasch, Ozgur, nicht einmal 19 Prozent der Stimmen erreichen. Und für den kommenden Sonntag sieht es kaum besser aus.
Eine weitere internationale Schwächung der zyperngriechischen Position stellt Papandreous auf seiner ersten Pressekonferenz nach der Wiederwahl erhobene Forderung nach Liquidierung der britischen Militärbasen auf Zypern dar. Ihre strategische Bedeutung hat sich jetzt mit der Entwicklung Libanons zu einer Hochburg des internationalen Schiiten-Terrors enorm erhöht.
Demgegenüber gibt sich Denktasch als zuverlässiger Gefolgsmann der NATO-Türkei. Noch wird sein Regime nur von Ankara anerkannt. Doch unterhält die „Türkische Republik von Zypern” bereits zu 80 Staaten Beziehungen der einen oder anderen Art.
Nagelt Papandreou Kyprianou weiter auf seinen anti-westlichen Kollisionskurs fest, so kann es sich Denktasch an den Fingern abzählen, wann ihm die diplomatischen Anerkennungen nur so ins Haus stehen werden.
Dann freilich sind die Wiedervereinigung Zyperns und eine Rückkehr der christlichen Heimatvertriebenen in den Norden wohl für immer abzuschreiben!
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