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Noch kein bißchen seines Amtes müde
Die Legislaturperiode des Tiroler Landtages dauert fünf Jahre. Die nächste Wahl findet im Herbst 1984 statt. In einer so schnellebigen Zeit drei Jahre vorauszudenken, mag unangebracht erscheinen. In Tirol aber gehen die Uhren anders: Veränderungen vollziehen sich nur langsam.
Seit Juli 1963 steht hier ein Mann an der Spitze des Landes. Und es sieht eigentlich nicht so aus, als ob sich daran in naher Zukunft etwas ändern würde.
Landeshauptmann Eduard Wallnöfer ist nach wie vor sou-
veräner Herr im Land im Gebirge, nicht völlig unangefochten, aber mit Zustimmung des überwiegenden Teiles der Bevölkerung.
Trotzdem wird die Diskussion einer Wallnöfer-Nachfolge immer wieder laut.
Dabei sieht es durchaus so aus, daß beim nächsten Tiroler ÖVP- Landesparteitag, der voraussichtlich 1982 abgehalten wird, Wallnöfer Landesparteiobmann bleiben wird.
Für weite Kreise der Bevölkerung stellt er eine Art Vaterfigur dar, gilt als Mann, der auch in einer Zeit allgemeiner Demoralisierung und Verunsicherung seinen Prinzipien treu bleibt und der sich vor allem auch als aufrechter Patriot erweist.
Natürlich sind nicht alle „Landeskinder“ mit dem Vater einer Meinung und manchen mag er auch etwas zu autoritär vorkom-
men; aber letztlich ist es diese väterliche Autorität, gepaart mit Klugheit und einem gesunden Hausverstand, die ihn anziehend macht.
Noch dazu liegt die nächste Legislaturperiode Wallnöfer besonders am Herzen, weil 1984 für Tirol ein bedeutsames Jubiläumsjahr darstellt. Anlaß: 175 Jahre Tiroler Freiheitskampf (1809).
Obwohl unter diesen Umständen die Frage einer Nachfolge überhaupt nicht aktuell zu sein scheint, wird sie dennoch für den Eventualfall immer wieder gestellt. Und für diesen Fall gibt es eine Reihe von Männern in der Wallnöfer-Partei, die echte Chancen hätten, das Erbe anzutreten.
Einer davon ist der langjährige Landesrat und Gemeindereferent Alois Parti. Er gilt sozusagen als der beständigste und am häufigsten genannte Nachfolgekandidat.
Immer wieder kommt auch das Gespräch auf den gegenwärtigen ÖVP-Generalsekretär Sixtus Lanner; allerdings ist sein Verhältnis zur Tiroler ÖVP nicht ganz ungetrübt
Wallnöfers erster Stellvertreter im Land, Fritz Prior, Referent für Schule, Kultur und Umweltschutz, hat vergleichsweise mehr Sympathien. Seine Chancen sind heute sogar noch besser als vor etlichen Jahren, hat doch der Tiroler ÖAAB, dessen Landesobmann Prior ist, bei den Gemeinderatswahlen im Frühjahr 1980 hervor-
ragend abgeschnitten und die größte Anzahl an Bürgermeistersesseln erobern können.
Und so sich in der Stunde der Entscheidung der Tiroler Bauernbund nicht auf einen Kandidaten einigen können sollte, wäre Prior eine sehr ernstzunehmende Alternative.
Während in den Gedankenspielen in jüngster Zeit auch der Name des Osttirolers Fridolin Za- non, Landesrat und Wohnbaureferent, immer häufiger genannt wird, ist es um einen weiteren ernstzunehmenden Kandidaten, um Finanzlandesrat Luis Bassetti eher still.
Ein Mann vom Schlage Basset- tis hat bereits einmal das Rennen gemacht: Schon nach dem Tod von Landeshauptmann Alois Grauß war der aus der Wirtschaft kommende und dem Bauernbund nahestehende Hans Tschiggfrey der unbestrittene Mann des Kompromisses. Auch Landesrat Bassetti ist populär und erntete erst vor kurzem im Landtag für seine Wirtschaftspolitik Anerkennung.
Kurzum: Die personelle Breite der Tiroler ÖVP böte mehr als einen qualifizierten Nachfolger.
Trotzdem wird Wallnöfer 1984 voraussichtlich wieder Eduard Wallnöfer nachfolgen. Denn schon nach der Landtagswahl 1979 erklärte er im kleinen Kreis: „Wenn i gsund bleib und mi die Leut mög’n, bleib i lang Landeshauptmann.“ 1984 wird Eduard Wallnöfer 71 Jahre alt sein. Ihn stört das nicht. Ähnlich wie Bruno Kreisky kontert er: „Adenauer ist erst mit 73 Kanzler g’worden.“
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