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Noch schwieriger als anderswo . ..

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Wie löst man als steirischer Politiker den Interessenkonflikt in Fragen des Umweltschutzes? Umweltpolitik realisieren heißt, für reine Luft und sauberes Wasser sorgen, die Lösung der Abwasser- und Müllprobleme vorantreiben und sich für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit einsetzen. Einfach gesagt: Dafür sorgen, daß die Lebensgrundlagen gesichert bleiben. Diese Aufgaben sind heute in allen industrialisierten Ländern wichtig, aber auch schwierig.

Daß in der Steiermark 60 Prozent der Landesfläche mit Wald bestockt sind und der Anteil der „alten” Industrien hoch ist - insbesondere in der Mur-Mürz-Furche und im Bezirk Voitsberg herrschen die Grundstoffindustrie in Form der Eisen- und Stahlindustrie, der Papier- und Zelluloseindustrie sowie der Braunkohleabbau vor —, macht die Umweltpolitik in der Steiermark noch wichtiger, aber auch noch schwieriger als anderswo.

Zur Lösung der Probleme ist ein zweifacher Ansatz notwendig. In der Industrie müssen wir wegkommen vom sektoralen Denken und mehr die Zusammenhänge sehen, die zwischen Großtechnologie und Umwelt bestehen. Wir müssen erkennen, daß Umweltzerstörung auch unwirtschaftlich ist.

Zweitens müssen wir bei der Vollziehung von Umweltschutzbestimmungen konsequent sein und alle im eigenen Wirkungsbereich des Landes möglichen Maßnahmen voll ausschöpfen. Dazu brauchen wir aber auch vom Bund die notwendigen gesetzlichen Grundlagen. Denn für so bedeutende Bereiche wie Gewerbeordnung, Dampfkesselemissionsgesetz, Berggesetz, Kraftfahrzeuggesetz, Eisenbahngesetz, Luftfahrtgesetz, Forstgesetz, Wasserrecht, Sonderabfall-, Waschmittel- bzw. Chemikaliengesetz ist der Bund zuständig.

Der erste Schwerpunkt in unserer steirischen Umweltpolitik ist der Bereich Luftverbesserung und Luftreinhaltung. Zwar ist entgegen manchen Behauptungen die Luftqualität in den vergangenen zehn Jahren besser geworden, aber es ist unbestreitbar, daß wir vor neuen und großen Problemen stehen. Vor allem ist die Tatsache alarmierend, daß der Wald in Teilen des benachbarten Auslandes schon zusammengebrochen ist und das Ausmaß der Waldschädigungen auch bei uns beängstigend zunimmt. Wir müssen daher sofort alles unternehmen, um Schadstoffemissionen zu verringern bzw. gänzlich zu vermeiden.

Im Vorjahr haben wir mit Landesgesetz den höchstzulässigen Schwefelgehalt bei Heizöl schwer auf ein Prozent festgelegt, während es beim Bund noch immer zwei Prozent sind. Mit bahnbrechenden Entstickungs- und Entschwefelungsanlagen bei den Kraftwerken Mellach und Voitsberg III haben wir die saubersten kalorischen Kraftwerke Europas durchgesetzt.

Der erste Energieplan eines Bundeslandes wurde von der Steiermärkischen Landesregierung 1984 beschlossen. Seine konsequente Umsetzung hilft Energie sparen und die Umwelt verbessern. Durch den heuer eingerichteten steirischen Umweltfonds wollen wir Ideen und Maßnahmen wirksam fördern. Soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden waren, hat das Land Steiermark damit seine Möglichkeiten zur Verbesserung der Luftqualität voll ausgeschöpft. Am Zug ist jetzt die Bundesregierung.

Was wir dringend brauchen, sind bessere Gesetze und Verord-

„Das Mur-Sanierungspro-gramm sieht Investitionen von 1,4 Milliarden vor” nungen als Instrument für jene Beamten, die Umweltschutzaufgaben in der Vollziehung zu bearbeiten haben. Die vordringlichsten Forderungen an den Bund lauten daher:

• Verbesserung des Dampfkesselemissionsrechtes im Hinblick auf den „Stand der Technik” und Einbeziehung der Altanlagen sowie Anpassung der Gewerbeordnung und des Berggesetzes. Weitere Senkung des Schwefelgehaltes bei den Mineralölen, insbesondere bei Heizöl schwer auf ein Prozent.

• Schaffung der gesetzlichen und organisatorischen Voraussetzungen, daß weder beim Abmischen von Heizöl noch beim Import die zulässigen Höchstgehalte an Schadstoffen überschritten werden.

• Rasche Entgiftung der Kfz-Abgase durch strenge Abgaswerte, Kontrollen und schadstoffarmen Treibstoff. Dazu gehört auch die Beimischung von Treibstoff -älkohol aus landwirtschaftlichen Rohstoffen.

# Bereitstellung der notwendigen Mittel für die „Forschungsinitiative gegen das Waldsterben”.

Zweiter Schwerpunkt unserer Umweltschutzpolitik ist der Bereich Wasser - Abwasser. Im Vordergrund stehen dabei die Sanierung der steirischen Flüsse Mur und Raab sowie die situationsan-gepaßte Abwasserreinigung. In einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Land, Gemeinden und Firmen wurden Sanierungsprogramme erarbeitet. Das Mursa-nierungsprogramm 1985 bis 1990 sieht Gesamtinvestitionen von 1,4 Milliarden Schilling vor. f

Der Abwassersanierungsplan für die Raab sieht die Errichtung von 21 kommunalen und zehn betrieblichen Kläranlagen vor; die Gesamtinvestitionssumme beträgt 1,3 Milliarden. Und um das Problem der biologisch nicht abbaubaren Restbelastungen von Abwässern aus der Zellstoffproduktion lösen zu können, hat das

Land eine Forschungsinitiative eingerichtet. Wir hoffen damit, einen neuen und zukunftsweisenden Beitrag zur Hebung der Wasserqualität der steirischen Flüsse leisten zu können.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Bemühungen liegt in der Lösung des Müllproblems und der Bodenproblematik. Die Bewältigung des Problems Müllentsorgung muß von zwei Seiten angegangen werden. Die eine ist die Weiterentwicklung der Technolo-, gie. Es geht darum, durch eine entsprechende Sortierung und Verwertung des Mülls den Teil, der auf Deponie gelegt wird, so klein wie möglich zu halten. Anderseits müssen wir durch eine Änderung der Gesinnung in der Bevölkerung sowie durch gesetzliche Maßnahmen die Müllvermeidung forcieren. Das beginnt im Haushalt und endet bei einer Einschränkung der Verpackung.

Das ist deshalb so wichtig, weil letztlich alle Umweltbelastungen in den Boden und damit in das Grundwasser kommen. Wir müssen daher alle Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Belastungen abzubauen. Und ich sage freimütig, daß auch die Landwirtschaft da und dort Entwicklungen korrigieren muß, wo es zu Bodenschädigungen unvertretbaren Ausmaßes kommt.

Umweltpolitik gehört heute zu den schwierigsten und konfliktreichsten Bereichen der Politik. Egoismus, Kurzsichtigkeit und eine gefährliche Versuchung, durch emotionelle Aufschauke-lung politisch im trüben zu fischen, sind sachlichen Lösungen abträglich.

Trotzdem bin ich optimistisch, daß unsere Generation die Kraft und die Verantwortungsbereitschaft aufbringt, jene Entscheidungen zu treffen, die wir brauchen, um den Lebensraum von morgen zu sichern.

Der Autor ist Agrar- und Umweltschutz-Landesrat.

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