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Nordische List" ist nicht alles

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Beim Innsbrucker Putsch-Partei- tag im September 1986 wurde Jörg Haider mit 57,7 Prozent der Dele- giertenstimmen zum FPÖ-Obmann gewählt, jetzt in Feldkirch trium- phierte er mit 97,5 Prozent. Dazwi- schen liegen der Aufstieg der FPÖ vom verlorenen kleinkoalitionären Haufen zur kleinen Mittelpartei, der Einzug in Landtage und Gemein- destuben in zuvor nur erträumter Stärke und Haiders Emporkommen zum Landeshauptmann von Kärn- ten.

Nein, versichert er, der Eindruck, daß die FPÖ eine „Haider-Partei" sei, wäre ihm gar nicht recht - um mit dieser Bescheidenheit zu pro- vozieren, daß die Verehrer(innen) die freiheitliche Programmatik ju- belnd beim Namen nennen: „Man kann sie auf zwei Worte bringen: Jörg Haider!" (FP-Klubobmann und Spitzenkandidat Norbert Gu- gerbauer).

Haider ist ein Vollblutpolitiker. Aber letztlich auch nur ein Partei - Politiker, der sehr traditionell Karriere gemacht hat. In einem politischen Lager, das als FPÖ im kommenden April sein 35jähriges Bestandsjubiläum als „Altpartei" feiert.

Auch wenn er das geschickt ka- schiert, wäre das noch kein Erfolgs- rezept. Und auch sein Hang zur Selbstdarstellung reicht nicht aus, den Zulauf zu erklären. Womit punktet er?

Haider hat eine „Schwäche" der FPÖ als Stärke kultiviert. Anders als SPÖ und ÖVP braucht die FPÖ auf keinerlei organisierte Interes- sen Rücksicht zu nehmen. Dieses Atout wird ausgespielt. Das ermög- licht erst - mit dem Rückenwind weitverbreiteten Unbehagens - den Frontalangriff auf Kammern und Sozialpartnerschaft, auf „Macht- kartell" und „Packelei".

Der Vorteil zudem: Die FPÖ braucht auch für keinen Interes- sensausgleich einzustehen. Hat nicht Haider genau das auch in der Flüchtlingsfrage vorexerziert?

Damit im Zusammenhang steht wohl Haiders zweites „Rezept": Er denkt und redet schwarzweiß, er polarisiert. So möchten es quasi ÖVP-Funktionäre einmal den So- zialisten und sozialistische Vertrau- ensleute den ÖVPlern hineinsagen können, ohne Rücksicht nehmen zu müssen.

Der Rechtspartei, zu der „es rechts von ihr keine demokratische Alter- native geben darf" (Haider), genü- gen Andeutungen, um dumpfe Res- sentiments zu lukrieren. „Nordi- sche List und Tücke" leitet nicht nur Kärntner Regierungssitzungen, sie zielt auf Emotionen ab.

Alles zusammen „funktioniert" aber nur unter einem Motto: Oppo- sition, ein Schuß Obstruktion dazu. Daran muß die FPÖ bis zum 7. Oktober festhalten. Sonst müßte sie ja Konsensfähigkeit signalisieren, sich zum Interessensausgleich be- reit erklären - und den greifbar nahen Wahlerfolg aufs Spiel set- zen, aus dem sie dann am 8. Okto- ber einen Anspruch ableiten wird.

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