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Normalkerzen gesucht

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Ob sich ein kosmisches Objekt von uns entfernt oder uns nähert, ist, dank Doppler-Effekt, leicht in Erfahrung zu bringen. Im ersten Fall sind die Spektrallinien zum roten, im anderen Fall zum violetten Rand des Spektrums hin verschoben, und zwar um so mehr, je schneller es sich bewegt. Aber diese Geschwindigkeit allein sagt nichts über die Entfernung des Objekts. Daß die Galaxien, die sich am schnellsten von uns entfernen, auch am weitesten von uns entfernt sind, ist daher eine - allerdings sehr gut begründete - Annahme.

Entfernungen festzustellen, ist ein Hauptproblem der Astronomie und der Kosmologie. Annahmen über Entfernungen können zu Achillesfersen kosmologischer Modelle werden.

Wirklich messen kann man nur den Abstand zu Fixsternen in der Umgebung der Sonne. Der Durchmesser der Umlaufbahn der Erde um die Sonne dient dabei als Basis eines Dreiecks, die Parallaxe wird durch Vermessung von Fotoplatten ermittelt. Ab einer Parallaxe von 0,01 Bogensekunden (etwa 3 26 Lichtjahre Distanz) hat die Methode ausgespielt.

Alle übrigen Entfernungen im Kosmos lassen sich nur mit Hilfe kosmologischer Normalkerzen ermitteln. Normalkerze nennt man jede Lichtquelle, deren Leuchtkraft man genau kennt, so daß man von der scheinbaren Helligkeit auf ihre Entfernung schließen kann. Klassische Normalkerzen ani Himmel sind veränderliche Sterne („Allzumenschliches in der Kosmologie", Seite 10).

Viel weiter sichtbar als Veränderliche sind explodierende Sterne, Supernovae. Der sogenannte Typ I ist ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem, der dem Partnerstern Materie entzieht und genau dann, wenn seine eigene Masse das 1,4-fache der Sonnenmasse überschreitet, kollabiert. Der Explosionsblitz ist die hellste einzelne Lichtquelle im Weltall. Da man die Masse solcher Supernovae kennt, kennt man auch ihre Leuchtkraft und kann daraus die Entfernung berechnen - hurra, eine weitere Normalkerze.

Zwei junge Radioastronomen der Universität Maryland, Brent Tully und Richard Fisher, begannen 1972 eine in der praktischen Anwendung sehr schwierige Methode zu entwickeln, um den Abstand zu fernen Galaxien indirekt zu messen. Meist bewegt sich eine Seite der Galaxie auf uns zu und die andere von uns fort. Durch die gegensätzliche Spektralverschiebung läßt sich die Rotationsgeschwindigkeit ermitteln. Je schneller eine Galaxie rotiert, desto mehr Masse muß sie haben, damit ihr Zusammenhalt gewährleistet ist. Mehr Masse bedeutet mehr Sterne, also mehr Leuchtkraft. Diesmal dienten Galaxien mit bekannter Enfernung, die dem Virgo-Haufen und damit unserer kosmischen Umgebung angehören, der Eichung einer weiteren Standardkerze.

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