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Nostalgie und Stimmungstief

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(Arena von Verona, Verdis „Aida” und „Otello”) Nostalgie ist nun auch in Italiens Opernszenen Trumpf, und dieser Versuch des Arena-Regisseurs Gianfran-co De Bosio und des prominenten Bühnenbildners Vittorio Rossi, Verdis „Aida” zum 60. Festival in der Arena von Verona in den historischen Originalbühnenbildern des Altmeisters Ettore Fagi-uoli und in den Kostümen Auguste Mariettes des Jahres 1913 zu spielen, löste beim Publikum enorme Begeisterung aus.

Keine Frage, da hat sich zwar eine feine Staubschicht über diese Tempel- und Palastbilder und über die Palmenwälder am mystisch dampfenden Nil gesenkt, aber Fagiuolis Geschmack und Sparsamkeit, mit wenigen Säulengruppen, Podesten und einem Monumentaltor die Königsstadt Theben in Verona noch einmal zu errichten, imponiert auch heute noch. Da war der geniale Dekorateur ein Meister. Wie schwer diese Aufgabe wirklich ist, beweisen die vielen gescheiterten Arena-Inszenierungen, die Fagiuoli nach 1946 folgten.

De Bosios Regie beschränkt sich leider auf Stehübungen der Sänger an der Rampe, und zum Triumphakt ist ihm außer militärischem Gestrampel und ein bißchen Verlegenheitsballett nicht viel eingefallen. Dafür sorgen interessante Sänger für um so mehr Glanz: Maria Chiara als brillante Aida, Fiorenza Cossotto als orgelnde Opernheroine Amneris ein Ereignis, Nicola Martinucci als Radames mit metallisch leuchtenden Spitzentönen. Die fast 70.000 Österreicher, die heuer nach Verona fahren werden, werden in dieser Arena unter Altmeister Nello Santi ihre Freude haben.

Auch Verdis „Otello”, mit dem das Fest in der Arena startete, wurde von Regisseur De Bosio und Bühnenbildner Rossi betreut. Es ist leider eine eiskalte, stimmungslose Aufführung, die szenisch in modernistischem Gehabe stecken bleibt und optisch sich mit dem Häßlichsten zufrieden gibt: Otello rast in einen Führerbunker, Desdemona vegetiert in einem Atommeiler. Ich wundere mich nur, daß die Herrschaften da vier Akte lang brauchen, bis sie durchdrehen.

Statisteriemassen stehen ratlos herum, und das Publikum war bei der Premiere so verstört, daß es auf das Applaudieren fast vergaß. Nicht einmal Wladimir At-lantow, ein packend heldischer Otello, und Piero Cappuccilli, heute der weitbeste Jago, konnten das allgemeine Stimmungstief heben. Stefka Evstatieva blieb eine blasse Desdemona. Zoltan Pesko am Pult schlug sich verzweifelt mit dem Orchester.

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