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Nullwachstum! Und was jetzt?

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Nullwachstum - na und? Das könnte man sagen und daran erinnern, daß das Wirtschaftswachstum schon dreimal (1975, 1978 und 1981) zum Stillstand gekommen war, und dies sogar abrupter als jetzt:

1975 war das Wachstumstempo von plus 3,9 Prozent auf minus 0,4 Prozent abgesackt, 1978 von 4,5 Prozent auf 0,1 Prozent und 1981 von plus 3,0 Prozent auf 0,3 Prozent. Diesmal ist die Konjunkturabschwächung in drei nahezu gleich großen Raten vor sich gegangen: 1991 von 4,6 Prozent auf 3,0 Prozent, 1992 weiter auf 1,5 Prozent und 1993 auf, wie es derzeit aussieht, null Prozent.

Dennoch würde Ben Akiba (nicht der historische, sondern jener, dem Karl Gutzkow den ständigen Ausspruch in den Mund legte: „Alles schon dagewesen") zu Unrecht beschworen: Viel von dem, was die jetzige Situation kennzeichnet, ist 1975, 1978 und 1981 mitnichten schon dagewesen.

Das beginnt schon bei der Arbeitslosigkeit. In früheren Rezessionsjahren hatte es keiner statistischen Mätzchen bedurft, um die österreichische Arbeitslosenrate international repu-tabel zu machen: Auch auf die bei uns herkömmliche Art ermittelt, hatte sie in den Jahren 1975, 1978 und 1981 bloß 2,0 Prozent, 2,1 Prozent und 2,4 Prozent betragen.

Es ist möglich, daß 1975 dazu auch der „Mut zum Schuldenmachen" Bundeskanzler Kreiskys und seines

Finanzministers etwas beigetragen hatte: Binnen zwei Jahren war Hannes Androsch mit dem Nettodefizit um 3,2 Prozentpunkte des BIP (von 1,3 Prozent auf 4,5 Prozent) hinaufgefahren.

Aber es wäre nicht möglich, dies abermals zu tun, denn die Ausgangsbasis ist eine völlig andere:

Als Androsch den (nur begrenzt erfolgreichen) Versuch unternahm, den internationalen Konjunkurein-bruch mit Deficit Spending auszugleichen, hatte die Staatsschuld 10,4 Prozent des BIP betragen, und von den Staatseinnahmen waren erst 2,6 Prozent auf Zinsen aufgegangen. Würde Finanzminister Ferdinand Lacina diesen Versuch jetzt wiederholen, begänne er mit einem Schuldensockel in Höhe von 48,9 Prozent des BIP, und die Zinsen verschlingen bereits 12,9 Prozent der Staatseinnahmen.

Kein Wunder, daß es bei dem jetzigen Bemühen, (ein Quentchen mehr) „Wachstum durch Schulden" zu bewirken, um weit bescheidenere Dimensionen geht: Die zehn Milliarden, mit denen man die Wachstumsstockung auf das Nettodefizit durchschlagen lassen will, wären nicht einmal 0,5 Prozent des BIP. Daß dies ein spürbarer Konjunkturimpuls sein könnte, erwartet niemand ernsthaft. Aber geht es jetzt überhaupt um einen bloßen Konjunkturimpuls? (Kommentar dazu Seite 3)

Der Autor ist Publizist und Herausgeber der Finanznachrichten.

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