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Nur eine Miniblockade

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„Die ständigen Patrouillen der israelischen Raketen- und Patrouillenboote längs der Küste des Südlibanon blockieren in der Tat die Waffentransporte der Freischärler und der arabischen Linken im Libanon die Zufahrtswege“, berichtete die israelische Abendzeitung „Jedioth Aharonot“ in ihrer Ausgabe vom 15. August 1976. Die Zeitung wies auch darauf hin, daß der einzige nördliche Hafen der Linken, nämlich Tripoli, von der syrischen Flotte blockiert sei.

Einige Tage vorher schon hatte die israelische Presse gemeldet, daß zwei griechische Schiffe von den Israelis angehalten und daß die Passagiere kontrolliert worden seien. Einer von ihnen, der sich als Freischärler entpuppt hatte, war festgenommen und die Waffenladungen, die sich an Bord .befanden, waren beschlagnahmt worden.

Von einer totalen Blockade kann allerdings nicht die Rede sein. Dazu ist die israelische Flotte zu schwach. Sie verfügt nur über 4500 Mann, unter ihnen ein Kontingent von Froschmännern, und über 5000 Reservisten. Insgesamt besitzt die israelische Flotte nur 18 Raketenboote mit je 400 BRT, dazu 43 Patrouillenboote (35 BRT) und zwei U-Boote, einige Landungsboote und einige Transportboote. Diese Flotte hat zur Aufgabe, die ganze Küste Israels vom Libanon bis Ägypten und im Süden fast die ganze Küste der Sinai-Halbinsel zu schützen. Aus diesem Grunde kann sie auch keine großen Einheiten für eine totale Blockade des südlichen Libanons einsetzen. An einer solchen wäre Israel auch gar nicht interessiert, es will lediglich verhüten, daß Terroristen mit Hilfe von Booten oder kleinen Schiffen an der israelischen Küste landen, wie es ihnen bereits zweimal gelungen ist.

In Wirklichkeit handelt es sich hier um eine Teilblockade, die im stillen Einvernehmen mit den ' syrischen Streitkräften durchgeführt wird. Die Israelis halten keine Schiffe an, wenn diese sie irgendwie in den arabischen Konflikt verwickeln könnte. So landeten erst dieser Tage irakische Soldaten unbehelligt in Tyrus, die auf einem ägyptischen Schiff via Alexandrien gekommen waren. Israel hält keine ägyptischen Schiffe an, Ägypten keine israelischen. Syrische Schiffe werden von den Israelis deshalb nicht aufgehalten, weil Syrien gegenüber das Feuereinstellungsabkommen gilt, das nach dem Jom-Kippur-Krieg unterzeichnet wurde. Syrien seinerseits behelligt keine ägyptischen Schiffe, die Soldaten oder Waffen nach Tripoli bringen, obwohl dies die Gegenseite unterstützt.

Derzeit patrouillieren Israels schnelle Raketenboote (Geschwindigkeit: 30 bis 35 Knoten) und Patrouillenboote (25 Knoten) im internationalen Gewässer neben der südlibanesischen Küste. Dies führt dazu, daß die kleinen zyprischen und griechischen Schiffe, die für viel Geld und wenig gute Worte den libanesischen Linken Waffen bringen sollen, dies lieber unterlassen.

Dieser Tage wurde verlautbart, daß Offiziere der „Arabisch-Libanesischen Armee“ ständigen Kontakt mit israelischen Offizieren bei den Zusammenkünften der Waffenstillstandskommissionen hätten. Die Offiziere beider Parteien bemühten sich bei diesen Treffen um die Ruhe an der israelisch-libanesischen Grenze. Das Grenzgebiet, das sich vor dem Bürgerkrieg zum großen Teil in den Händen der Freischärlerorganisationen befunden hat, wurde von diesen entvölkert, weil sie die palästinensischen Streitkräfte zur Gänze weiter nördlich im Kampf gegen die Christen einsetzen wollten.

Leutnant Achmed Chatib ist derzeit Kommandant der „Arabisch-Libanesischen Armee“, einer 5000 Mann starken moslemischen Splittergruppe, die aus Deserteuren der libanesischen Armee besteht. Zuerst wollte Chatib am Bürgerkrieg auf moslemischer Seite teilnehmen, doch hat er in der Zwischenzeit seine Einheiten im Südlibanon stationiert, wo ein Vakuum entstanden war, nachdem die libanesische Armee und die Anhänger der Freischärlerorganisationen das Gebiet verlassen hatten. Im Grenzgebiet gegenüber Israel leben hauptsächlich schiitische Moslems, die zwar im Bürgerkrieg mit den Christen sympathisieren, sich jedoch neutral verhalten. Nach Übereinkunft mit Leutnant Achmed Chatib dringen von Zeit zu Zeit israelische Patrouillen bis zu fünf Kilometer weit in den Libanon ein, um für Ruhe im Grenzstreifen zu sorgen.

An drei Grenzübergängen befinden sich israelische Ambulatorien, von denen die Libanesen der südlichen Dörfer ärztlich betreut werden. Libanesische Händler begeben sich in die nördlichen Städte Israels, um dort Proviant für den libanesischen Süden einzukaufen. Als Gegenleistung werden Gemüse und Tabak vom Libanon nach Israel eingeführt.

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