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Nur Griechenland ist gefährlicher

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Bei 43.977 Straßen verkehrsunfällen wurden im Vorjahr in Österreich 59.422 Personen verletzt und 1855 getötet. Für heuer erwartet das Kuratorium für Verkehrssicherheit eine weitere Verschlechterung der Unfallbilanz: fast 47.000 Unfälle mit etwa 1970 Toten (siehe Graphik).

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Bei 43.977 Straßen verkehrsunfällen wurden im Vorjahr in Österreich 59.422 Personen verletzt und 1855 getötet. Für heuer erwartet das Kuratorium für Verkehrssicherheit eine weitere Verschlechterung der Unfallbilanz: fast 47.000 Unfälle mit etwa 1970 Toten (siehe Graphik).

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Österreich ist nicht nur als Fremdenverkehrs- und Durchzugsverkehrsland Spitze, nach einer internationalen OECD-Statistik sind wir eines der unsichersten Verkehrsländer. 1978 sind auf 1000 Kraftfahrzeuge in Österreich 0,82 Tote und 27 Verletzte entfallen. Österreichs Kraftfahrer rangieren damit an vorletzter Stelle: eine schlechtere Unfallbilanz weist nur noch Griechenland auf.

Freilich: Wir sind, beruhigen wir denn auch unser Gewissen, ein Transitland, womit ausländische Lenker unsere Unfallzahlen in die Höhe treiben. Diese Entschuldigung gilt nur nicht: Denn in der Schweiz, die ebenfalls einen starken Transit- und Fremdenverkehr aufweist, entfallen 0,54 Tote und 14 Verletzte auf 1000 Kraftfahrzeuge.

Natürlich bereitet den österreichischen Exekutivorganen auch der Urlauberstrom Kopfzerbrechen, der demnächst schon wieder Richtung Heimat rollt.

Sorgenkind Nummer eins ist aber der Verkehr im und zum nächsten Ort: die Einkaufsfahrt, der Verwandtenbesuch, die nächtliche Tour nach dem Kirtag. Die Verschlechterung der heurigen Unfallbilanz wird fast ausschließlich auf das Konto von Unfällen im Ortsgebiet gehen.

151 besondere Gefahrenstellen - und dazu werden nur solche gezählt, an denen mehr als zehn Unfälle jährlich passieren - wurden 1979 im Uberwa-chungsbereich der österreichischen Gendarmerie registriert, davon entfielen nur 13 auf das Autobahnnetz.

An diesen 151 besonders gefährlichen Unfallpunkten ereigneten sich nicht weniger als 2567 Unfälle mit 850 Verletzten und 22 Toten. Läßt man die Autobahn-Unglücksstellen außer Betracht, so entfällt rund ein Drittel der Gefahrenpunkte und der Unfälle auf den Bereich von nur sieben Gendarmerieposten:

• „ Knittelfeld liegt mit nicht weniger als zehn Stellen mit 168 Unfällen, 77 Verletzten und 3 Toten an der Spitze;

• Vösendorf (südlich von Wien) folgt mit sieben Gefahrenstellen, 254 Unfällen, 42 Verletzten und einem Toten;

• Langenzersdorf (nördlich von Wien) hat sechs besonders gefährliche Unfallstellen, an denen 1979 insgesamt 63 Unfälle passierten;

• Trieben ist ebenfalls mit sechs Gefahrenstellen vertreten, an denen es im Vorjahr 72mal krachte;

• in Feldkirch wurden 78 Unfälle an sechs Punkten registriert;

• Dornbirn rangiert mit 65 Unfällen an fünf Gefahrenstellen nur knapp dahinter;

• und Traun bei Linz steht mit fünf Gefahrenstellen, an denen sich 67 Unfälle ereigneten, am Ende dieser Liste der traurigen Rekorde.

Gruppeninspektor Johann Fuchs-bichler vom Gendarmerieposten Knittelfeld befürchtet, daß die heurige Unfallbilanz noch schlechter ausfallen wird. „Wir haben", klagt er der FURCHE, „heuer schon über 300 Verkehrsunfälle in unserem Uberwachungsge-biet."

Worin die Hauptursachen für die besondere Gefahr derartiger Straßenstücke liegen? „Das ist in neun von zehn Fällen mangelnde Verkehrsdisziplin", ist er sich mit seinen Kollegen in anderen Bundesländern einig.

Gendarmerie-Gruppeninspektor Friedrich Kastler aus Traun bei Linz nennt dazu ein Beispiel: die ampelgeregelte Kreuzung der Bundesstraße 1 mit der Bundesstraße 139, an der es im Vorjahr 18mal krachte. Dort ist, wenn man auf der B 1 aus Richtung Wels gegen Linz fährt, die Ampel etwas vom eigentlichen Kreuzungsbereich entfernt; wenn nun ein Fahrzeug noch schnell bei gelb über die Kreuzung fahren möchte, ist dann oft der Querverkehr schneller.

Mangelnde Verkehrsdisziplin hat auch am Parkplatz der Vösendorfer Shopping-City-Süd im Vorjahr zu nicht weniger als 148 registrierten Unfällen geführt. „Die Sperrlinien werden nicht beachtet, man fährt einfach quer über den Parkplatz - und dann passiert es", schildert Bezirksinspektor Otto Wieser den Unfall-Alltag und resigniert: „Da gibt es gar nichts mehr zu verhindern", e's sei denn, die Parkplätze würden von der SCS-Verwaltung durch Kettenabsperrungen gegen die Zu- und Abfahrten gesichert.

Oft aber könnte schon ein zusätzliches Verkehrszeichen, die Anlegung einer Abbiegespur nach links oder die Anbringung eines Verkehrsspiegels eine derartige Gefahrenstelle entschärfen.

Gefährlich ist aber auch die Selbstüberschätzung, mit der sich Österreichs Autofahrer hinter das Lenkrad setzen: 60 Prozent halten sich für überdurchschnittlich gut, 30 Prozent für durchschnittlich gut und 10 Prozent für unterdurchschnittlich gut. Schlecht fährt keiner - glauben sie alle.

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