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Ihre Position haben die meisten europäischen Herrscherfamilieh eingebüßt, aber die Phantasie beflügeln sie noch immer. So wurden kürzlich die Weltnachrichten mit einem Skandal um die sterblichen Überreste der Mary Vetsera bereichert. Tod, Untergang, (vorgebliche) Morbidität und Dekadenz faszinieren die Gemüter.

Der russische Dramatiker Edward Radsinski schwimmt mit seiner Biographie über Nikolaus II. auf dieser Welle mit. Er bietet „Geschichte von unten”: der Zar als liebevoller Familienvater mit einem bluterkranken Sohn als Thronfolger, der Regent, der penibel ein recht banales Tagebuch führt, der „Selbstherrscher”, der sich fast immer fremden Einflüssen unterwirft. Radsinski bietet an neuen Quellen neben den Tagebüchern des Zaren und seiner Gemahlin Alexandra den Briefwechsel des Ehepaars und bislang gesperrte Dokumente von Zeitzeugen. Freunde der Boulevardpresse kommen auf ihre Rechnung: extensiv werden Attentate, Gemetzel aller Art, die Gefangenschaft der Zarenfamilie in Jekaterinburg und deren „Hinrichtung” geschildert.

Ödön von Horväth schrieb zynisch von dem Wunsch der Menschen, „mit dem Unglück anderer Leute im Bett” liegen zu wollen. Bücher, die diesem Bedürfnis entgegenkommen, dürfen mit Erfolg rechnen.

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