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Nur ums nackte Überleben

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„... und die Lebenden werden die Toten beneiden.” Ein Zitat von alttestamentarischer Härte, aber dem Ereignis angepaßt.

Vor vierzig Jahren detonierte die erste Atombombe im Kriegseinsatz, und Hiroshima und Nagasaki sind noch heute nicht mehr jene Städte, die sie einmal waren.

Dieser Gedenktag ist auch für den ORF Anlaß zu einem Programmschwerpunkt. Das Zentrum: Der schon mit einer Aura des Grauens umgebene englische Spielfüm „Tag Null” (8. August, FS 2).

An Hand des Schicksals zweier englischer Familien sind die Auswirkungen eines nuklearen Weltkrieges dargestellt. Bis dreizehn Jahre nach dem atomaren Holo-kaust.

Da bleibt kein Platz für verharmlosende Romantik, der „Tag Null” folgt den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die einsetzenden Klimaveränderungen und der „nukleare Winter” werden filmische Realität, und wer sich noch immer nichts darunter vorstellen kann, dem wird vor Augen geführt, wie Menschen in einem so universellen Katastrophenfall reagieren.

Der Spielfüm, der durch Einblendungen von Bildmaterial aus

Hiroshima Dokumentarcharak-ter suggerieren möchte, stellt den amerikanischen Publikumshit „The Day after” an Grauen und Pessimismus in den Schatten.

Daß dabei die Bilder manchmal ins Kitschig-Skurrile abgleiten,, Sensationshascherei für inszeniertes Grauen eher verantwortlich ist als der Versuch, aufzuklären, tut dem Film keinen Abbruch. Effektvoll verpacktes Grauen gefällt nun einmal besser als die harte Realität einer Dokumentation.

Dennoch: Mit der fälschlichen Vorstellung, daß ein Nuklearkrieg nicht viel schlimmer als ein konventioneller ist, wurde aufgeräumt. An einen Wiederaufbau ist auch nicht zu denken. Jede Zivilisation wird vom Erdboden ausradiert sein, die Menschen werden ums nackte Uberleben kämpfen.

Doch auch der Weg in den Krieg sollte erschrecken. Die vom täglichen Medienkonsum abgestumpften Menschen reagieren einfach nicht auf die ausführliche Berichterstattung über die Eskalation des Konflikts zwischen den Supermächten. Friedensdemonstrationen werden durch siegesgewisse „Patrioten” in Massenschlägereien verwandelt.

Ein Krieg ohne Sieger, das will in die Köpfe vieler Menschen einfach nicht hinein.

In der englischen Bevölkerung rief der „Tag Null” ein überwältigendes Echo hervor, ob sich gleiches bei einem Heinz-Conrads-Kontrastprogramm auch in Österreich ereignen kann, ist allerdings fraglich.

Information und Denkanstoß wird jedenfalls beim ORF-Schwerpunktprogramm groß geschrieben. Etwa am 2. August läuft die Dokumentation „Hiroshima”, es folgt ein „Club 2” zu diesem Thema, Dietmar Schönherr liest im Radio das Hörspiel „Der Wetterpilot”. Alain Resnais Filmkunstwerk „Hiroshima mon amour” muß als weiterer Höhepunkt bezeichnet werden.

Leonard Bernsteins Friedenskonzert steht am 11. August auf dem Fernsehprogramm, wer einen Kabelfernsehanschluß hat, der kann im „3sat”-Programm noch ..Hiroshima — Atombombenopfer sagen aus” sehen.

Hiroshima als Warnung vor der entsetzlichen Katastrophe einer nuklearen Auseinandersetzung wachzuhalten, das scheint vierzig Jahre danach offensichtlich notwendige Aufgabe zu sein.

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