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Nur zu, George Bush!
Vor exakt fünf Jahren, als sich der damalige US-Präsident Ronald Reagan und Michail Gorbatschow in Reykjavik trafen, erfuhren die Hoffnungen auf eine sicherere Welt einen Dämpfer. Dem Feuerwerk an Abrüstungsvorschlägen seitens des damaligen KPdSU-Chefs konnte Reagan nichts entgegenhalten. Das gegenseitige Vertrauen der Supermächte war noch nicht gefestigt.
Vor nunmehr etwas mehr als vier Jahren schien der Westen durch Gorbatschows Vorschlagslawine, wie sich Kommentatoren auszudrücken pflegten, bezüglich einer echten Abrüstung der Mittelstreckenraketen gelähmt. Bayerns Franz Josef Strauß karikierte die Situation mit dem Hinweis, daß nun -Stichwort: Null-Lösung - bald die Abschaffung der Armbrust zur Debatte stünde. Das durch die Teilung Europas hervorgerufene Mißtrauen der Supermächte war nicht wegzubekommen. Das Umdenken im Westen begann erst, als der Osten fiel; im Herbst 1989. Gorbatschows Absage an den Kalten Krieg ließ den Warschauer Pakt zerfallen, nahm dem Westen das Feindbild.
Vierundzwanzig Monate stürmischer Entwicklung in Europa haben das Ost-West-Verhältnis von Grund auf verändert. Es gibt nur mehr eine Supermacht. Und die kann es sich jetzt leisten, den Rüstungsdruck zu vermindern.
Lange schon verlangt die amerikanische Öffentlichkeit die Friedensdividende für eigene Probleme. Mit der Idee Bushs, die Lance-Raketen sowie die gefürchteten Tomahawk-Missiles abzuschaffen und neue Systeme erst gar nicht zu bauen, desgleichen mit dem Angebot, über die Abschaffung der Landraketen mit bis zu zehn Kernwaffen pro Geschoß reden zu wollen, hat Bush Kritikern seiner Innen- und Sozialpolitik den Wind aus den Segeln zu nehmen versucht. Jenen, die Bush „duckmäuserische" Außenpolitik nach dem „Sieg der USA im Kalten Krieg" vorwerfen, zeigt der US-Präsident, daß er gewillt ist, global zu denken und die Initiative nicht aus der Hand zu geben. Der Welt signalisiert Bush, daß es auch ohne Atomwaffen gehen könnte -freilich nur ein Signal, von einer Abschaffung der Interkontinentalraketen ist noch lange nicht die Rede.
Gorbatschow hat gelassen auf Bushs Initiative reagiert.,,Nur zu", scheint seine Haltung zu sein. Nur zu, sollte auch die Welt dazu sagen. Das gewonnene und offenbar gefestigte Vertrauen der Großmächte muß konkrete Folgen haben. Ohne Nuklearwaffen und ohne gigantische Armeen wird die Welt sicherer. Dazu hat aber in erster Linie der Vertrauen schaffende Dialog beigetragen.
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