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Nur zweite Garnitur

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Keine Bibelstelle, kein Wort der Offenbarung schließt eine völlige Gleichwertigkeit von Frauen und Männern in der kirchlichen Praxis einschließlich Diakonat und Priestertum aus. Aber eine 2000jährige Tradition kann man nicht über Nacht ändern, ohne viele Gläubige in Zweifel und Unsicherheit zu stoßen. Daher ist es sinnvoll und barmherzig, einen Weg der kleinen Schritte zu gehen.

Wenn je ein Papst so redete, wäre das Frauenproblem in der römisch-katholischen Kirche entschärft. Statt dessen wird pathetisch ein nebuloser, jedenfalls unbeweisbarer göttlicher Wille bemüht und immenser Reibungsverlust an kirchlicher Energie in Kauf genommen.

So ist Kirche für viele Frauen eine „spröde Heimat“ geworden, wie eine der Autorinnen des von Leonore Rambosek herausgegebenen Sammelbandes „Mädchen für alles — Emanze vom Dienst“ schreibt.

Alle 17 Mitarbeiterinnen, Frauen unterschiedlichen Alters und sozialen Hintergrunds aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, beweisen zumindest eines: daß es nicht um fanatisches Revoluzzertum von Menschen geht, die gar nicht mehr glauben, sondern um Trauer und Leid von Frauen, die voll Glauben und Liebe sind.

Michaela Puters argumentiert überzeugend: „Die vielen Frauen, die sich heute in der Kirche nicht akzeptiert fühlen, wollen ja nicht alle den Priesterberuf ergreifen. Der Ausschluß von der Weihe ist nur letzte Konsequenz einer Grundeinstellung den Frauen gegenüber, die vielleicht paulinisch, aber sicher nicht jesuanisch ist.“

Woran sich Frauen stoßen, sind oft unbedachte Äußerlichkeiten, die verletzen können: daß vor allem Jungfrauen, Märtyrerinnen und allenfalls Witwen als Heilige

gerühmt werden; daß in einem römischen Beichtstuhl glatt nachgefragt wird, warum eine verheiratete Frau erst im vierten Ehejahr schwanger ist; daß manche Frauen Konzelebration als „besonders kräftige Demonstration von Männerkirche“ empfinden.

„Wäre die Kirche diese ver-rechtlichte Institution, dieser straff organisierte Machtapparat, diese Hüterin einer akademisier-ten Theologie, wenn in ihr nicht das .Weibliche“ ausgeschlossen oder kleingehalten worden wäre?“

Diese Frage der Herausgeberin kann man nicht mit dem Hinweis auf Tausende demütig dienender Ordensschwestern und Caritashelferinnen, Pastoralassistentinnen und Kirchenputzerinnen wegwischen. „Gottes zweite Garnitur“ (Magdalena Bußmann) muckt begründet auf.

Die sichtbare männliche Domi-

nanz in der Kirche beruht weniger auf Unsicherheit und Angst, wie die meisten Feministinnen meinen, sondern schlicht auf Gedankenlosigkeit und Gewohnheit. Davon nimmt man noch weniger gern Abschied als von Vorurteilen. Aber ohne diesen Abschied gibt es keine glaubwürdige Zukunft für die Kirche, für deren Menschenrechtsengagement die Frauenfrage zum Angelpunkt (Evi Meyer) geworden ist.

Wir Männer in der Kirche sollten über dieses Buch nicht herfallen, sondern es bescheiden bedenken. Und dann mit Gertrud Casel hoffen: „Derselbe Geist, der die Auferstehung von den Toten bewirkt, wird die Kirche auch aus ihren Verhärtungen lösen...“

MÄDCHEN FÜR ALLES - EMANZE VOM DIENST. (Unsere Erfahrungen mit der Kirche) Herausgegeben von Leonore Rambosek. Herder Verlag 1988.160 Seiten, kart, öS 138,80.

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