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NurMozartwirdüberleben
Bergs „Wozzeck“, yerdis „Othello“ und Mozarts „Entführung“, drei große Operninszenierungen der letzten Jahre, wurden noch einmal bei den Salzburger Festspielen gezeigt. Doni-zettis „Don Pasquale“ folgt in dieser Woche. Nur eine dieser Opernproduktionen wird 1973 „überleben“: Giorgio Strehlers Inszenierung der „Entführung“, vom Regisseur auch heuer wieder behutsam aufgefrischt, erhält vorläufig einen festen Platz in Strehlers für mehrere Jahre geplantem Mozart-Zyklus, den er gemeinsam mit Herbert von Karajan 1974 mit der „Zauberflöte“ eröffnen will.
Bergs „Wozzeck“, yerdis „Othello“ und Mozarts „Entführung“, drei große Operninszenierungen der letzten Jahre, wurden noch einmal bei den Salzburger Festspielen gezeigt. Doni-zettis „Don Pasquale“ folgt in dieser Woche. Nur eine dieser Opernproduktionen wird 1973 „überleben“: Giorgio Strehlers Inszenierung der „Entführung“, vom Regisseur auch heuer wieder behutsam aufgefrischt, erhält vorläufig einen festen Platz in Strehlers für mehrere Jahre geplantem Mozart-Zyklus, den er gemeinsam mit Herbert von Karajan 1974 mit der „Zauberflöte“ eröffnen will.
Zum fünftenmal wird diese „Entführung“ nun im Kleinen Festspielhaus gezeigt: Wieder ist sie ein auf Hochglanz poliertes, brillant abschnurrendes Regiekunstwerk, das mit erstaunlichem Tempo, mit frappierender Exaktheit abläuft. Erstaunlich, wie sich trotz überquellendem Reichtum an komplizierten Inszenierungsdetails der raffinierte Stil bis in alle Einzelheiten so lange frisch erhalten hat. Immer wieder begeistert sich das Publikum, mit welcher Originalität Strehler da Arien und Ensemblesätze in optisch reizvolle Schattenspiele aufgelöst hat (wie etwa im Finale des 2. Aktes), wie er mit ein paar Bewegungen, einem Miniballett der Sänger, Charaktere zeichnet oder in den sekundenschnellen „Umbauten“ der Bühnenbilder Damianis selbst aus diesen Verwandlungen noch orientalischen Theaterzirkus macht.
Der junge Stockholmer Leif Seger-stam, im Vorjahr ein bißchen zu schnell in die Produktion geraten, hat sich jetzt akklimatisiert. Er harmoniert mit den Philharmonikern, seine Tempi stimmen jetzt. Er gewinnt spürbar persönliche Beziehungen zu Mozart.
Die Besetzung, im ganzen durchaus befriedigend, zeigt aber doch schon, welche Probleme man in Hinkunft haben wird, ein ideales Mozart-Team zu finden: Elizabeth Har-wood ist eine Constanze mit zu grellem Sopran, der erst ab der (allerdings hervorragend gesungenen) „Martern“-Arie wirklich „frei“ klang. Werner Hollweg singt seine Arien in etwas teilnahmsloser teno-raler Schönheit. Normo Burrowes ist ein reizendes, quicklebendiges Blondchen mit hübschem, schlankem Koloratursopran. Ein für Strehlers künftiges Salzburger Mozart-Ensemble vielversprechender Pedrillo: Gerhard Unger. Ein verläßlicher Sänger, ein Darsteller mit Witz.
Kurt Moll ließ als Osmin einen „schwarzen Baß“ vermissen.
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In der Neuproduktion von 1971 war Alban Bergs „Wozzeck“, überragend gestaltet vom Team Karl Böhm-Gustav Rudolf Sellner-Jürgen Rose, die Salzburger Festspielsensation: eine hartkonturige, fast beklemmend dichte Aufführung, mustergültig erarbeitet, bis in die kleinste Partie deckend besetzt. Die Wiederaufnahme, vergangene Woche im Großen Festspielhaus, enttäuschte hingegen etwas. Der Grund dafür muß vor allem in einer Häufung unglücklicher Umstände gesucht werden.
So war zuerst Geraint Evans, der Protagonist der Titelpartie, vom Pferd gefallen. Walter Berry übernahm alternierend mit Theo Adam die Partie. Aber für die bei einer so differenzierten Inszenierung dringend notwendigen Probenarbeiten war wenig Zeit, eine Generalprobe soll überhaupt nicht stattgefunden haben. Jeder verließ sich ein bißchen darauf, daß man das Werk und die Inszenierung ohnedies kenne.
Das ist nun nicht zu übersehen und nicht zu überhören. Die Überlegenheit, ja schlafwandlerische Sicherheit, mit der Evans 1971 die Triebhaftigkeit des primitiven Individuums Wozzeck, seine seelische Zwangssituation und seine Nöte, das Sartresche Geworfensein in ein Schicksal, ausgespielt hat, fehlen nun. Berry bewältigt zwar die Partie stimmlich solide — man merkt, wie gut er sie kennt —, gestaltet aber vieles zu automatisch. Die selbstquälerische Reflexion fehlt vorläufig.
Anja Silja ist überdies ein übermächtiger Gegenpol: ein „proletarisches Mensch“ Marie, wie Büchner sie sich vorgestellt haben mag. Ihr Sopran vermittelt die dumpfe Sinnlichkeit dieser Partie, ihr Spiel hat etwas ordinär Loderndes, das im Tod enden muß.
Alle weiteren Partien hätten wohl noch zwei oder drei Proben gebraucht, um ganz in Seilners Konzept hineinzuwachsen: Fritz UM (Tambourmajor), der vielversprechende Hans Kraemmer (Doktor), Loren Driscoll (Andres), Helmut Melchert (Hauptmann) ... Karl Böhm gelang es stellenweise nicht, das Sängerensemble und die Philharmoniker zu jener packenden Intensität anzufeuern, die die Aufführung im Vorjahr ausgezeichnet hat. *
Herbert von Karajans „Othello“-Inszenierung im Großen Festspielhaus hat sich unverändert erhalten: Noch immer vereinfacht die naivpathetische Regiemanier Karajans den Konflikt auf ein reines Eifersuchtsdrama und mindert so die dramatische Wucht und Größe des Verdi-Werks. Ungereimtheiten und Regieunsitten aller Art stehen neben ein paar großen Momenten, zum Beispiel der geradezu pathologischgehemmten Annäherung des Liebespaares im ersten Akt, einer Szene, die hier mit sparsamsten Andeutungen die Probleme des ganzen ersten Akts bei Shakespeare mitteilt: Die Fremdartigkeit des Helden Othello, seine krankhafte Verkrampftheit Desdemona gegenüber. Peinlich wie eh und je der dritte und vierte Akt, deren Atmosphäre durch Günther Schneider-Siemssens Bühnenbilder zerstört wird.
Musikalisch war es diesmal im ganzen eher eine „sparsame“ Aufführung: spannungsarm, eigenartig gedämpft. — Auch in der Besetzung hat sich nichts geändert: Der Abend heißt Mirella Freni. Sie ist stimmlich und darstellerisch diese gequälte, „überfeine Venezianerin“, wie Jago sagt, ein zerbrechliches Geschöpf voll zärtlicher Melancholie und mit einem makellos schönen Sopran. Jon Vickers spielt zwar den Othello imponierend, mit Wohllaut verwöhnt er indes sein Publikum kaum. Kraftausbrüche der Höhe stehen neben tonlosem Piano, neben einer fahl wirkenden Mittellage. Peter Glossop: diesmal steril, ungerührt, farblos. Sonst nichts Neues auf Zypern.
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