Deutsches Wahlfinale - einmal anders
Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl: Was waren das noch für politische Typen? Eine persönliche Erinnerung.
Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl: Was waren das noch für politische Typen? Eine persönliche Erinnerung.
Sonntag ist also Wahltag – in Oberösterreich, vor allem aber in Deutschland. Wie oft habe ich dort, lange ist’s her, das Wahlfinale aus großer Nähe als Berichterstatter miterlebt! Aber, so sagen mir jetzt jüngere Kollegen: Der alte Charme, mit Polit-Prominenz durch unbekannte Städte zu tingeln, er ist vorbei. Warum? Weil sich die Wahlreden nur noch wiederholen – von kurzen Kernsätzen für die lokale Presse abgesehen. Auch, weil die Kandidaten von Journalisten abgeschirmt werden. Und, weil die alten Ideologien weitgehend verdunstet und die Charismen der „Stars“ schwer erkennbar geworden sind. Das Ringen um Merkels Nachfolge war zuletzt erstaunlich unattraktiv und oft peinlich. Wichtig nur: nicht festlegen, nicht auffallen und anecken.
Zu fragen wäre: Ist das Interesse der Öffentlichkeit und ihrer Medien an „Politik“ geschwunden – und das Ruhebedürfnis der Bürger gewachsen? Und: Hatten die großen Parteien bei der Kandidatensuche ihre internen Befindlichkeiten mehr im Blick als die Wählergunst?
Solitäre mit garantierten „Sagern“
Was waren das noch für Typen, damals, in den 70er- bis 90erjahren, als wir Deutschland entdecken durften – in den Autos der Kandidaten, in ihren Wahl-Konvois und Sonderzügen: ein Willy Brandt, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl, dazu Hans-Dietrich Genscher und Franz-Josef Strauß! Jeder ein Solitär, jeder ein Garant für Geschichten und „Sager“! Und jeder auf seine Weise auch an Österreich interessiert. Brandt an Kreisky, dessen SPÖ und Nahost-Vermittlung. Schmidt an UNO-„General“ Waldheim, Kardinal König und unserer Neutralitätspolitik. Kohl an seinen Freunden Gerd Bacher und Alois Mock, auch an Kirchen und Kapellen im Salzburgischen – und an seiner Entschlossenheit, uns den Weg in die EU zu ebnen.
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