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Eskalation in Beirut

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Sie waren wie immer präzise — und sie trafen wie immer einen inferioren Gegner: Israels Paras, die im Handstreich arabische Flugzeuge in Beirut zerstörten und die Situation wieder an den Rand des heißen Konflikts im Nahen Osten eskalierten.

Es ist ganz offensichtlich, daß Israel mit der Schläue eines David nur auf jene Araber schlägt, die keinen „großen Bruder“ haben; denn die bisherigen Hauptleidtragenden israelischer Vergeltungsschläge sind das prowestliche Jordanien und nun der Libanon, die Schweiz des Nahen Ostens. Beide Länder sind bei ihren arabischen Brüdern an Nil, Euphrat und Atlas deswegen suspekt, weil weder Migs noch China-Flak an ihren Grenzen wachen. Und Israel meint anscheinend, daß der Westen schon nichts unternehmen werde, wenn Juden die verhaßten Araber im Königreich am Jordan und in der Republik der Zedern stellvertretend für alle anderen strafen.

Die nicht abgewogene Repressalie, deren Begründung sogar grotesk erscheint, signalisiert aber die plötzliche Nervosität der Falken in Tel Aviv.

Denn die nervösen Israelis glauben, sich in zunehmender Isolierung zu finden. Gromykos Besuch in Kairo zeigte zwar das Interesse der Sowjets am Frieden an, demonstrierte aber die Unverbrüchlichkeit der Waffenfreundschaft. Und Nixons Kurs ist unklar: Scranton, der Sonderbotschafter des designierten Chefs im Weißen Haus, hat Israel klargemacht, daß die USA den israelischen Exzessen nicht mehr folgen würden. So ist der Protest der Amerikaner gegen den Anschlag von Beirut „in schärfster Form“ eine außergewöhnliche demonstrative Geste.

Doch trotz aller Verurteilung des israelischen Übereifers im letzten Zwischenfall sollte man nicht vergessen: die strategische Position, die Unbeugsamkeit der Araber und die zunehmende Terrortätigkeit in Israel machen es Eschkol und seinem Kabinett schwer, Versöhnungsgesten zu setzen. Eine De-Eskalation des hochgeschraubten Konflikts kann nicht allein von Israel ausgehen.

So hat sicherlich Frankreichs Außenminister Debre den Gordischen Knoten an einem Ende aufgenommen: die Lösung des Gesamtproblems muß durch eine konzentrierte, gemeinsame Aktion aller Großmächte erfolgen — durch Druck, ja Zwang zum Frieden gegen beide Seiten.

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