Katar, Scharm El-Scheich, "Bibi" Netanjahu: Erinnerungen – bleibend
FURCHE-Herausgeber Heinz Nussbaumer verbindet ganz persönliche berufliche Erlebnisse mit den aufgeregten Debatten der Gegenwart.
FURCHE-Herausgeber Heinz Nussbaumer verbindet ganz persönliche berufliche Erlebnisse mit den aufgeregten Debatten der Gegenwart.
Zeitungsleute neigen bisweilen dazu, aktuelle Medienereignisse mit ihren eigenen (meist überholten) Erlebnissen und Erinnerungen zu verbinden. Ich auch. Drei Beispiele sind starke Belege für diese déformation professionelle.
- Stichwort „Katar“: Vor bald 40 Jahren hatte mich ein reicher, Österreich-verliebter Katarer in sein Erdöl-Emirat und zum Fußball-Ausscheidungsspiel Katar gegen Syrien geladen – und auch noch auf die Ehrentribüne neben dem heimischen Tor gesetzt. Die Folge: Von einem scharfen syrischen Schuss getroffen, hat mich das lautstarke Mitgefühl des vollen Stadions getröstet. Und: Als „Zwerg“ Katar sogar das große Syrien mit 1:0 besiegt hatte, da stürmten jubelnde Fans mit Nationalflaggen ihre Pkws, um sie durch die Dachluke mit den Füßen zu steuern. Da war bald Palme um Palme, an der das eine oder andere Luxusauto als Wrack geendet hat. Katar 1983, das war eine erste Einübung in den Übermut – im sicheren Gefühl, die ganze Welt zu besitzen. Was später auf unglaubliche Weise wahr geworden ist. Ein Flug über Sand und Zerstörung
- Stichwort „Scharm El-Scheich“: Schon 55 Jahre vor dem jüngsten „Klimagipfel 2022“ schaute die Welt auf die Wüstenhalbinsel Sinai zwischen Ägypten und Israel, an deren Südspitze Scharm El-Scheich liegt, damals noch ein winziges Beduinendorf mit einem einzigen gemauerten Haus, für UNO-Soldaten. Israel hatte den „Sechstagekrieg 1967“, der letztlich von hier ausgegangen war (Nassers „Sperre der Wasserstraße von Tiran“), eben triumphal gegen ganz Arabien gewonnen. Am 13. Juni flog uns – zwei Dutzend Kriegsberichter – eine Militärmaschine im Tiefflug hoch über nichts als Sand und Zerstörung hierher. Die Flugzeugtüre war weit geöffnet, und über ausgebrannten Panzern ließen wir unsere Füße ins Freie baumeln. Als nur noch tiefblaues Wasser zu sehen war (und wo heute 30.000 Urlauber baden, tauchen und genießen), da lag das legendäre „Scharm“ mit seinen Korallenriffen unter uns. Vom Blitzsieg verführt und weitab aller Öffentlichkeit, vergaßen wir unsere Objektivität und ließen uns mit Militärhemd und Offizierskappe fotografieren. Bilder, die wir, wieder zu Hause, nicht mehr herzeigten. Unvergessen das Wort eines österreichischen Kameramanns: Mitten im Nichts zeigte er zum Horizont und verriet seinen lachenden internationalen Kollegen stolz: „Und dort liegt Wien!“
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