Long live the Queen...

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Über das 70-jährige Thronjubiläum von Elizabeth II. - und wie sie 1969 das SOS-Kinderdorf Seekirchen besuchte.

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Über das 70-jährige Thronjubiläum von Elizabeth II. - und wie sie 1969 das SOS-Kinderdorf Seekirchen besuchte.

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Der Zufall hat mir dieser Tage das Kriegstagebuch des längst verstorbenen Wiener Diplomaten Josef Schöner in die Hände gelegt. Und seltsam, dort finden sich schon im September 1945 bemerkenswerte Gedanken über eine junge Dame, die erst sechseinhalb Jahre später zur Königin von Großbritannien und Nordirland, zum Oberhaupt des Commonwealth und der Church of England gesalbt werden sollte. „Von ihr“, schreibt Schöner, „erhoffen sich die Massen im heutigen England eine neue viktorianische Epoche, mehr als von jedem Erbprinzen männlichen Geschlechts.“

Und er fährt fort: „Vielleicht liegt das Geheimnis der weiblichen Herrscherin darin, dass sie von ihren Gegnern stets als Frau mit einer gewissen Courtoisie behandelt wird – und dass sie als Weib die Dinge der Politik untheoretisch und undoktrinär, aber gefühlsmäßig und mit Instinkt anpackt, was sich auf die Dauer auch in der großen Politik nur segensreich auswirken kann …“

Beschränkt auf Protokoll und Symbolakte

Am Freitag dieser Woche feiert Elizabeth II. nun ihr 70-jähriges Thronjubiläum – ein beispielloser Rekord, den die Briten erst bei wärmerer Witterung im Juni feiern werden. Und wieder einmal wird dabei der unauflösbare Widerspruch der Monarchie zwischen Würde, Märchen und Machtlosigkeit zum Thema werden. Ein permanenter Hochseilakt, der die Queen trotz beispielloser Erfahrung letztlich auf Protokoll und politische Symbolakte beschränkt. Ein Fels im Strudel der Tagespolitik – und zugleich von republikanischen Aufwallungen ebenso bedroht wie von Skandalserien in der eigenen Familie. Für weibliche Politik – „gefühlsmäßig und mit Instinkt“ (Josef Schöner) – haben die Briten ihrer Monarchin wenig Spielfläche gelassen. So musste die heute 95-Jährige lernen, dem Blick der Öffentlichkeit mit Fleiß, emotionsfreiem Zeremoniell und viel Selbstverleugnung standzuhalten.

Zum 70-jährigen Thronjubiläum von Elizabeth II. wird einmal mehr der unauflösbare Widerspruch der Monarchie zwischen Würde, Märchen und Machtlosigkeit zum Thema werden.

Das war nicht immer so, wie gerade Österreicher mit Langzeitgedächtnis wissen. Unterwegs durch unser Land war Elizabeths Staatsbesuch 1969 laut Medienberichten zu einem „unvergleichlichen Triumphzug“ geworden, der manches Protokoll vergessen ließ. Im SOS-Kinderdorf Seekirchen (bei Salzburg) hatte man den Kinderdorf-Vater Hermann Gmeiner mühsam zu einer Begrüßungsrede in Englisch überredet. Der aber verließ sich angesichts der „Royals“ lieber auf seine erprobte Sprache der Augen, fixierte die Monarchin und verfing sich in immer neuen Variationen von „Thank You, Your Majesty, Your Majesty thank You“. Mehr nicht. Zutiefst gerührt versicherte die von 900 Kindern umringte Elizabeth, eine so geballte Warmherzigkeit würde sie nie mehr vergessen.

Übrigens: Der anfangs erwähnte Tagebuchschreiber Josef Schöner, den das NS-Regime ab 1939 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt hatte, trat mit Kriegsende wieder in den Diplomatischen Dienst ein, wurde ab 1966 Österreichs Botschafter am Hof in London.

Und – Zufall, Zufall! – Schöner begleitete drei Jahre später die Königin auf Staatsbesuch nach Österreich; auch zu Hermann Gmeiner und den Kindern von Seekirchen.

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