Österreichs Außenpolitik: Unsere "Mission" - und was noch gilt

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Es ist ein Gefühl, das mich seit Jahrzehnten begleitet, wann immer ich glaube, Kritisches schreiben zu müssen: Bin ich gerecht? Weiß ich genug, um eine Sache beurteilen zu können? Denn mit fortschreitendem Alter wächst zwar die innere Freiheit, für die eigenen Überzeugungen auch öffentlich einzustehen. Zugleich aber wächst auch die Sorge, aus einer Erfahrung zu schöpfen, die vom Gang der Zeit überrollt sein könnte.

Und tatsächlich: Oft habe ich selbst Staatsmänner im Ruhestand erlebt, deren Urteile schon kurze Zeit später, abseits der Macht, von einer mächtigen Patina-Schicht überlagert waren.

Es sind diese Zweifel, die mich derzeit vor allem im Blick auf Österreichs Außenpolitik begleiten. Da ist meine jahrzehntelange inhaltliche Nähe, weit über das Berufliche hinaus. Und da ist ein Maßstab, auf den wir, Hugo Portischs „Erben“, lebenslang verpflichtet worden sind: „Je kleiner ein Land, desto größer muss es denken.“

Schmerzliche Distanz

Aus diesen beiden Prägungen ist mir eine schmerzliche Distanz zu vielem gewachsen, was unser Land heute in Europa und der Welt ausmacht. Es ist, um es mit wenigen Schlagworten zu umschreiben,
– vor allem unsere Flüchtlingspolitik und unsere Weigerung, Gesten der Mitmenschlichkeit für Gestrandete (etwa in Griechenland) zu setzen.
– Es sind das (leider schon „traditionelle“) peinliche Ausmaß unserer Entwicklungshilfe und die jüngste Preisgabe unserer Neutralität im Nahostkonflikt (siehe Israels Fahne am Kanzleramt).
– Es ist der permanente, undifferenzierte Verdacht eines „politischen Islam“, der heute über einer halben Million Muslimen im Land liegt. Wie blamabel, dass sich eine Regierung von der Justiz der Rechtswidrigkeit ihrer Razzia vom vergangenen November zeihen lassen muss; eines Großeinsatzes von 930 Polizisten, der „auf Mutmaßungen und Spekulationen“ (OLG Graz) beruht habe.
– Und es ist auch der jüngste Rüffel für ­Afghanistans Botschafterin, die angesichts der Katastrophe in ihrem Land um einen Stopp der Abschiebungen aus Österreich gebeten hatte. Denn was sonst sollte die Vertreterin einer Regierung tun, die um den beispiellosen Gewaltausbruch zu Hause und um die Rückführungspanik ihrer geflüchteten Landsleute in Österreich weiß?

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