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Osten ohne Perspektiven
Was geht uns Albanien an? Was kümmert uns, wie Rußland zur EU oder zur NATO-Osterweiterung eingestellt ist? Solche Fragen sollten wir Österreicher nicht voreilig mit „Nichts” beantworten und vor den Entwicklungen in Osteuropa nicht die Augen verschließen.
Entwicklungen? Im Grunde besteht ja das Hauptproblem in etlichen ehemaligen kommunistischen Ländern darin, daß sich zu wenig entwickelt. Es geht - auch wenn das im Westen viele nicht wahrhaben wollen - fast nichts weiter, der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung tritt nicht ein. Löhne werden monatelang nicht bezahlt, Steuern möglichst auch nicht. Arbeitsmoral und Produktion sinken, aber die Unzufriedenheit der Menschen wächst - und zugleich die Sehnsucht nach den stabilen kommunistischen Zeiten.
Den Menschen fehlen die Perspektiven, die Fluchtversuche der Albaner zeugen davon. In Rußland suchen die Alten Zuflucht beim Alkohol, die Jungen bei anderen Drogen. Dort kommt als psychologischer Faktor hinzu, binnen weniger Jahre ohne einen einzigen Schuß die Rolle einer Supermacht und die Herrschaft über halb Europa verloren zu haben. Das kann, gerade im Militär, leicht Aggressionen schüren.
Und die Wirtschaft stagniert. Wer derzeit Rußland besucht, sieht hauptsächlich Importgüter, kaum Waren aus dem Iand selbst. Man begegnet wenigen, die optimistisch in die Zukunft schauen, aber viel Armut und Unmut.
Am Gründonnerstag gingen in Rußland nicht die angekündigten 20 Millionen, aber doch viele protestierend auf die Straße. Die Regierung hat zwar nur die Mittel zu Pseu-do-Reformen, um die Macht muß sie vorläufig aber nicht zittern. Das Volk hat Geduld gelernt. Es besitzt in hohem Maß jene Eigenschaft, die einerseits den Fortschritt des Landes lähmt, zugleich aber - noch - größere soziale Unruhen verhindert: Lethargie.
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