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Tot sind „nur” die Menschen

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Schleppend quälen sich die Verhandlungen über die Zukunft von Bosnien und Herzegowina hin. Jeder Erfolgsmeldung folgen zwei Rückschläge. Die Geduld der Opfer nimmt zu. Und der Zorn über die Unfähigkeit der UNO. Vergangene Woche weilte der UN-Sonderbeauftragte für Ex-Jugoslawien, Yasushi Akas-hi, auf Einladung der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen in Wien, um seine Organisation zu verteidigen. Und es stimmt. Sie hat Großtaten an humanitärer Hilfe vollbracht. Der japanische Diplomat zählt noch andere Leistungen auf: Der Rückzug der Serben aus Kroatien wurde erreicht. In Bosnien-Herzogpwina wurden die Belagerer Sarajewos gestoppt, „sichere Zonen” dort und um Gorazde errichtet und in einer bisher ungekannten Vorbeugeaktion Mazedonien gegen serbische Expansionsversuche abgeriegelt: Ist das alles nichts im Vergleich zur Alternative? TV Tatürlich kommt es darauf

% an, was man als Alternative J. l sieht. Totaler Krieg auf dem ganzen Balkan, von ost- und westeuropäischen Großmachtinteressen schamlos gefördert: Das wäre in der Tat noch viel schlimmer. Aber eine andere Alternative wäre schließlich ja auch die Niederringung des Aggressors und ein gerechter Friede, dessen Bedingungen allen zumutbar sind, was man von den derzeitigen Plänen der Vermittlermächte gewiß nicht behaupten kann. Den sind uns bis heute die Dauermitglieder im UN-Sicherheitsrat schuldig geblieben, die keine einheitliche Willensbildung zustande bringen. Da können UN- und EU-Funktionäre an Ort und Stelle sich halb zu Tode schinden: Ohne politische Vorgaben ist keine Lösung möglich. An den Vorgaben aber, die im Fall Irak/Kuwait klar und eindeutig waren, fehlt es auf dem Balkan. Direkte Großmachtinteressen sind nicht berührt, indirekte gibt man nicht zu, aber sehr wohl zu erkennen. Nicht nur Rußland auch Frankreich und Großbritannien versprechen sich von einem nicht allzu geschwächten Serbien einen Gegenpol zu deutscher Interessenexpansion auf dem Balkan. Das 19. Jahrhundert ist nicht tot. Aber immer mehr Opfer sind es.

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