Van der Bellen: Ein Festtags-Blick auf die Hofburg
Unter Alexander Van der Bellen hat sich die Bedeutung des Amtes des Bundespräsidenten auf einzigartige Weise gezeigt. Gedanken zu Verfassung und Nationalfeiertag.
Unter Alexander Van der Bellen hat sich die Bedeutung des Amtes des Bundespräsidenten auf einzigartige Weise gezeigt. Gedanken zu Verfassung und Nationalfeiertag.
Es war im Juni 2016, kurz nach der Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer um das Amt des Staatsoberhauptes. Im Dachgeschoss des „Juridicums“ der Wiener Uni war ich von einer Schar rechtskundiger Herren umgeben, die sich zu einer Diskussion versammelt hatten: „Wie mächtig ist der Bundespräsident?“
Um ehrlich zu sein: Von mir abgesehen, waren sich die Anwesenden in einem Kernpunkt der Debatte ziemlich einig: Jeder stabile demokratische Verfassungsstaat müsste eigentlich ohne ein solches Präsidentenamt auskommen. Denn: Die Mehrzahl der Rechte und Pflichten des Präsidenten könne eine stabile parlamentarische Republik durchaus auch in die Hände der drei Parlamentspräsidenten legen.
Selbst der große Rechtsgelehrte Manfried Welan zeigte sich überzeugt, dass dieses höchste und zugleich unbekannteste Amt unserer Republik, das einst aus der Ratlosigkeit am Ende der Monarchie entstanden war, letztlich ein etwas sonderbarer Erker an unserem Rechtsstaat sei. Welan wörtlich: „Wie ein Wasserzeichen schimmert hier noch der Kaiser durch unsere Verfassung“. Und grundsätzlich: „Ein Verfassungs- und Gesetzesstaat kommt ohne derlei große Persönlichkeiten aus“.
Zu viel Macht – oder zu wenig?
In den zehn Jahren, in denen ich zwei Bundespräsidenten (Kurt Waldheim und Thomas Klestil) aus großer Nähe begleiten durfte, bin ich solch kritischer Distanz zum Präsidentenamt wiederholt begegnet – aber ebenso ihrem Gegenteil: Für die einen war das Amt zu machtvoll, für andere (den Sozialphilosophen Norbert Leser etwa) zu machtlos. Und manchmal wechselten die Parteien auch kurzfristig ihre Haltung – je nach politischer Opportunität.
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