Weihnachten in Zeiten des Krieges?

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Ein Blick zurück auf ein Jahr mit historischer Zäsur - und ein Wunsch für Weihnachten.

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Ein Blick zurück auf ein Jahr mit historischer Zäsur - und ein Wunsch für Weihnachten.

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Schreiben Sie (noch) Weihnachts-Briefe? Ich habe es viele Jahre lang getan – und eben noch einmal. Anfangs waren es eher private Texte für die erweiterte Familie. Später wurden es Jahresbilanzen im erweiterten Freundeskreis: der Versuch eines meditativen Blicks hinaus in die Welt, so gut ich es halt konnte. Mit den engagierten Rückmeldungen wurde der Kreis größer und größer. Und mit dem Älterwerden begannen die Handgelenke ihren Widerstand, versteckten sich aber hinter dem Argument, der Advent halte doch auch andere Sinngebungen bereit als den Postdienst.

Am Jahresthema bestand heuer kein Zweifel: Weihnachten in Zeiten des Krieges. Das Aufeinanderprallen eines verstörenden Jahres und eines Hoffnungs-Festes. Für uns privilegierte Europäer zwei Ereignisse, die nahezu ein Leben lang nicht zusammenfinden mussten.

Im Gedächtnis geblieben ist mir dazu – lang ist’s her – nur eine seltsame Kleinkind-Erinnerung: Da war eine dunkle Nacht, ich noch am Arm meiner Mutter – und Lametta ist vom Himmel gefallen. Erst viel später habe ich begriffen, dass dies keine Huldigung an das Christkind war: Silberpapier sollte im Finale des großen Krieges das Radar einfliegender Bomber stören.

Friedensträume auf frostkalten Stiegen

Seit damals haben wir vom ewigen Frieden geträumt. Das ist uns nun verloren gegangen. Und die Drohung, es könnte noch schlimmer kommen, gehört zum Wahnsinn dieser Zeit.
Wenn es in diesen Wintertagen Abend wird, dann sehe ich ukrainische Flüchtlingsfrauen auf den frostkalten Stiegen vor unserem Pfarrhaus sitzen, die versuchen, ihre Männer, Söhne, Eltern in der so nahen Heimat zu erreichen. Es ist ihr täglicher Versuch, Neues vom Leben und Sterben zuhause zu erfahren, ein Stück Familiengeist zu bewahren und von einem baldigen Wiedersehen zu träumen. Ich denke dabei an die einstigen „Feldpostbriefe“ meines Vaters – vor seinem Sterben und meiner Geburt. Wie viel an Schrecken und Ängsten haben unsere Eltern einander damals nicht mehr erzählen wollen und können! Zu Weihnachten kam noch ein Gedicht und eine Zeichnung von der Front.

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