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Wer bestimmt die Stunde des Todes?

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Es vorweihnachtet sehr rund um uns. Kerzenduft und Glockengeläut liegen in der Luft. Es naht das Fest der Geburt. Ein Fest des Löbens. - Das wichtigste im Leben aber ist das Sterben.

Für gläubige Christinnen und Christen ist Sterben Hineingeborenwerden ins ewige Leben, Ankunft, Erfüllung, Vollendung. Für andere Menschen ist der Tod Abschluß, Ende, Abtritt ohne Wiederkehr. Und für viele aus beiden „Lagern” ist er Erlösung von schwerem Luiden. Von beiden wird daher immer häufiger und immer deutlicher die Frage erhoben: Darf der Mensch, dessen Selbstverfügungsrecht immer stärker betont wird, nicht auch selbst die Stunde seines Todes bestimmen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

„Laßt mich sterben wie die Armen, die sich keine aufwendige Medizin leisten können”, bat Mutter Teresa dieser Tage, als sie wieder an Spitalsmaschinen angeschlossen werden sollte. Eine Bitte um Sterbehilfe? Nein. Denn Euthanasie imengeren Sinn ist bewußt herbeigeführte Tötung. Verzicht auf eine Behandlung, die den nahen Tod sinnlos ein wenig hinauszögert, ist Patientenrecht, auch hierzulande. Aber was tun, wenn der Patient nicht mehr bei Sinnen ist? Soll dann der Arzt entscheiden? Oder nahe Angehörige? Erben oder nur Nichterben?

Doch auch wenn der Patient selbst entscheiden kann (zum Beispiel in Form eines „medizinischen Testaments für den Ernstfall”, das immer üblicher wird): Wird in einer Gesellschaft, die für dramatisch steigende Medizinkosten aufkommen muß, nicht eines Tages der Druck auf alte Mitbürger und Mitbürgerinnen groß werden, sich rechtzeitig für die „barmherzige Spritze” zu entscheiden?

Alle diese Fragen behandelt das dieser Tage im Wiener Allgemeinen Krankenhaus vorgestellte Buch „löten dürfen?” des Wissenschaftsjournalisten Werner Wanschura (Edition Va Bene). Der Autor geht sehr behutsam mit dem Thema um, nennt Euthanasie, also Nachhelfen beim Sterben, eine „falsche Antwort auf die richtige Frage” und bemüht sich um das Aufzeigen menschenfreundlicher und menschenwürdiger Alternativen.

Denn eines ist sicher: Wenn sich in knapp 30 Jahren die Zahl der über Sechzigjährigen verdreifacht und auch der Ruf nach „Selbstbestimmung am Lebensende” vervielfacht haben wird, dann wird der australische Philosoph Peter Singer mit seiner schrecklichen These, nur Menschen mit der Fähigkeit zur Zukunftsplanung sollten Lebensschutz genießen („Jeder Behinderte weniger erhöht die Gesamtsumme des menschlichen Glücks”), kein isolierter Einzelgänger mehr sein.

Wir gehen einem neuen Zentralthema der Menschheitsethik entgegen.

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