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Öffentliche Anklage

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Behauptung: Es gibt in Österreich eine privilegierte Schicht: die Medienmacher als Meinungsmacher. Die einst Unterdrückten , wurden zur beherrschenden Macht. Wie viele Mächtige sind sie hart in ihrer Kritik, selbst aber Öffentlichkeitsund kritikscheu. Als vierte Gewalt arrogiert die Presse die Machtfülle eines Großinquisitors, in eigener Sache spiėlt sie Dorfrichter Adam.

Beweis: Seit etwa zwei Jahrzehnten will ich meine Ansichten zu diesem Thema publizieren oder ein Streitgespräch mit der Presse führen. Hier das Resultat: Von der FURCHE erhielt ich seinerzeit — 1959 — folgenden ablehnenden Bescheid: „In Ihrem Aufsatz finden sich viele vortreffliche Bemerkungen über gewisse Fehlentwicklungen in unserer Publizistik. Dennoch glaube ich, daß das Thema zu ernst ist, um in einem Artikel… angedeutet zu werden.“

Auf meine Anmeldung beim ORF zu der damaligen Sendereihe „In eigener Sache“ erhielt ich als Antwort: „Wir haben uns Ihr Thema und Ihr Anliegen notiert und dürfen gegebenenfalls darauf zurückkommen.“ Niemals mehr etwas davon gehört, offensichtlich durften sie also doch nicht.

Als ich an den ORF- „ Watschenmann“ herantrat, wurde die Ablehnung folgendermaßen begründet: „… sehen wir uns nicht in der Lage, andere Medien — z. B. die Presse — zum Zielpunkt unserer Kri tik zu machen. Das würde uns nicht nur von der Presse, sondern auch von der Öffentlichkeit mit Recht übelgenommen und als unzulässige Beeinflussung der öffentlichen Meinung ausgelegt werden.“

Im Karl Kraus-Gedächt- nisjahr regte ich in gleichlautenden Briefen an den Presserat, den Presseclub Concordia und die Journa- listengewerkschaft die Einrichtung eines Ombudsmanns für Pressegeschä-

digte sowie die Schaffung einer Karl-Kraus-Medaille für Journalisten mit Zivilcourage und Pressegeschädigte, die sich wehren, an. Man verfuhr nach dem bewährten Grundsatz: Nicht einmal ignorieren …

Nachdem mir vor etwa zwei Jahren ein Interesse an einem „Club 2“ mit dem Thema Presse bekundet worden war, regte ich nach einer neuerlichen eklatanten Verletzung der Menschenrechtskonvention — ein Ermordeter wurde in Zeitungen zum Mörder gestempelt — einen „Club 2“ mit dem Thema Medien/ Medienjustiz an. Als ich wochenlang keine Antwort erhielt und schließlich anfragte, ob das Ignorieren gewisser Themen beim ORF zum System erhoben wurde, kam eine Entschuldigung mit der Erläuterung:

„Ausgangspunkt ist das Konkurrenzverhältnis zwischen Rundfunk und Presse … Hier existiert ein höchst empfindliches Gleichgewicht, und daran will aus verschiedenen Gründen niemand rühren.“

Auf meine Eingaben an den Presserat erhielt ich entweder überhaupt keine oder höchst merkwürdige Antworten. Auf eine „Anzeige wegen Rufmords“ wurde mir mitgeteilt, daß mein Schreiben „für den Presserat mit ein Anlaß war, neuerlich seinen Grundsatz in Erinnerung zu rufen, nach dem Verdächtige nicht als Schuldige bezeichnet werden dürfen.“

Fall 2: Als ich eine Eingabe an den Presserat machte, weil Wiener Diplomaten in Zeitungen, gleichfalls fälschlich, der Spionage beschuldigt wurden, erwiderte der Presserat lakonisch, daß er „keinen Grund für ein Einschreiten sehen konnte… “. Ohne Begründung.

Begehr — öffentliche Aufforderung: 1. Abhaltung einer Enquete über den Presserat, wie sie vor drei Jahren bei einem Symposion des Kuratoriums für Journalistenausbildung einhellig beschlossen wurde. Dieser Beschluß wurde „vergessen“. 2. Abhaltung eines „Club 2“ mit dem Thema: Medien/Medienjustiz.

Solange nichts unternommen wird, wird die Ausflucht oberstes Prinzip der Medien bleiben. So lange halte ich meine Behauptung aufrecht: Hinter der Potem- kinschen Fassade des Presserats häuft sich der Presseunrat.

Der Autor ist Parlamentsbeamter.

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