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ÖKO-Verteidigung: „Besser als vermutet

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FURCHE: Laut Verteidigungsdoktrin 1975 ist die Bundesregierung zu „Vorsorgen und Maßnahmen gegen krisen- und kriegsbedingte Störungen der Wirtschaft" verpflichtet. Was ist zugunsten eines „■wirtschaftlichen Krisenmanagements" bisher wirklich geschehen?

MINISTER STARIBACHER: Ich habe den früheren Ein-Mann-Betrieb der wirtschaftlichen Landesverteidigung zu einer Aufgabe der ganzen Industrie- wie auch der Energiesektion gemacht. Wir haben die Budgetpost für ; wirtschaftliche Landesverteidigung verhundertfacht-von 1000 auf 100.000 Schilling.

FURCHE: Aber...

STARIBACHER: Aber das ist natürlich ein Witz. Absolut unzulänglich. Dennoch ist viel geschehen - freilich innerhalb eines ganz anderen Systems als etwa in der Schweiz oder Schweden. Nehmen Sie das Beispiel der ölbevor-ratung. Zugegeben, da haben mir die internationalen Verpflichtungen geholfen. Aber ich bekam das notwendige Gesetz...

FURCHE: Wie groß sind unsere Öl-vorräte für den Krisenfall, wie groß müßten sie sein?

STARIBACHER: Die Internationale Energieagentur schreibt Vorräte für mindestens 90 Tage vor. Wir sind dabei, uns diesem Ziel zu nähern. Derzeit sind rund 20 Prozent der ölimporte eingelagert. Mit 25 Prozent ab nächstem Jahr haben wir das Erfordernis im wesentlichen erfüllt.

FURCHE: Bei den ölvorräten. heißt es immer wieder, macht Österreich die einzigen Anstrengungen in der Vorratshaltung, weil es dazu international verpflichtet ist. Lebensmittel-Vorratslager haben wir überhaupt keine...

STARIBACHER: Da steh' ich auf einem ganz anderen Standpunkt. Unsere Landwirtschaft ist ganz auf Uberproduktion ausgerichtet. Im Ernstfall müßten die heute exportierten Uberschüsse dem Inlandsmarkt zugeführt werden. Ich weiß schon, der heutige Produktionsstand ist nur möglich, wenn Treibstoff- und Düngemittel ungern indert zur Verfügung stehen. Aber da haben wir Berechnungen, das können wir absolut garantieren. Deshalb brauchen wir keine großen Vorratslager, die nur irrsinniges Geld kosten würden.

FURCHE: Aber wie steht es bei Eiweiß-Futtermitteln sowie pflanzlichen ölen und Fetten? Da ist Österreich doch nahezu total auslandsabhängig!

STARIBACHER: Stimmt. Aber da werden wir mit aller Macht versuchen, diese Lücke aus eigener Kraft zu stopfen. Bitte: Im Ernstfall würden wir halt alle wieder wie im Krieg (und wie jetzt einige aus Schlankheitsgründen) Magermilch trinken und die Lücke mit mehr Butter ausfüllen. Bei der notwendigen Förderung von Raps, Rips, Ölsaaten könnten wir noch viel weiter sein, wenn die Industrie bereit wäre, die Differenz zu den Weltmarktpreisen zu übernehmen. Bei Zucker ist es schon gelungen, ein praktikables Modell zu finden: Die Fixkosten sind schon beim Inlandspreis einkalkuliert, nurdie variablen Kosten müssen über den Export erlöst werden.

FURCHE: Wie steht es mit der privaten Haushaltsvorsorge? Alle bisherigen Bemühungen wie die „A ktion Eichhörnchen" und andere . ..

STARIBACHER:... waren die größte Pleite. Jetzt versucht es wieder einmal Vorarlberg mit einer Landesaktion. Ich befürchte, das wird genau so eine Pleite werden. Die Beteiligung an solchen Aktionen ist miserabel. Das heißt aber beileibe nicht, daß die Privathaushalte keine Vorratswirtschaft betreiben. Die Hausfrauen kaufen sehr wohl große Mengen ein, wenn es Son-

derangebote gibt. Fragen Sie Ihre Frau, was sie im Kühlschrank oder in der Tiefkühltruhe lagern hat!

FURCHE: Aber sollte man die Hausfrauen nicht wenigstens informieren, was sie lagern sollten und wie, und wie lange sich dies und jenes hält... ?

STARIBACHER: Alles vergeblich. Die Hausfrauen gehen nach anderen Gesichtspunkten vor. Sie kaufen, was gerade günstig angeboten wird. Aber auf. diese Weise kommen auch ganz schöne Vorräte zustande.

FURCHE: In einem Krisenfall würde eine. Lebens- und Treibstoffmittelbewirtschaftung unvermeidlich. Wie ist dafür vorgesorgt? Durch Bezugsscheine, die in den Schubläden der Bezirkshauptmannschaften schlummern?

STARIBACHER: Dafür ist vorgesorgt. Aber meine Meinung ist: Von den heutigen Supermärkten können wir nicht erwarten, was Zehntausende Lebensmittelkleinhändler im letzten Krieg getan haben: Marken kleben und abrechnen. Da müssen wir uns schon eine modernere Methode einfallen lassen. Aber längere Zeit hindurch würden wir selbst in einer Krisensituation überhaupt keine Bewirtschaftung brauchen. Mir schwebt das „ölmodell", das wir 1974 durch freiwillige Vereinbarungen der ölfirmen erreichten, auch für andere Gebiete vor. Ich möchte nicht reglementieren, wo und solange es durch freiwillige Vereinbarungen geht.

FURCHE: Was ist mit der notwendigen Einschränkung des Treibstoffverbrauchs in Krisenzeiten? Was ist hier vorgesehen?

STARIBACHER: Davon reden wir nicht viel, aber es ist klar, daß nicht alle

Autos wie bisher weiterfahren könnten. Es ist aber auch klar, daß es Treibstoff nicht nur für bevorrechtete Kraftfahrzeuge geben kann. Auch für den Berufsverkehr in Krisenzeiten muß vorgesorgt werden. Der öffentliche Verkehr könnte nicht einmal in Wien den privaten Berufsverkehr ersetzen.

FURCHE: Es ist also im Bereich der wirtschaftlichen Landes Verteidigung alles in bester Ordnung und Sie haben überhaupt keine Wünsche mehr an irgend jemanden?

STARIBACHER: Ja natürlich, nach dem Versorgungssicherungsge-setz brauchen wir jetzt noch ein Energiesicherungsgesetz. Darüber wird eben im Unterausschuß verhandelt. Wünschen tat' ich mir, daß es nicht so kompliziert wird wie dieses Versorgungssi-cherungsgesetz.

Aber ich sage noch einmal: Es läuft alles besser, als wir glauben.

Mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie sprach Hubert Feichtlbauer. Vergangene Woche brachten wir ein Interview mit Innenminister Erwin Lanc über Zivile Landesverteidigung.

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