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Österreichischer Bericht an OECD spricht von „Mindestbedarf' von zwölf bis 36 Fachhochschulen

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In einem Bericht an die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa, hat Österreichs Wissenschaftsministerium die „geplante Diversifikation des Postsekundarsektors" erläutert.

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In einem Bericht an die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa, hat Österreichs Wissenschaftsministerium die „geplante Diversifikation des Postsekundarsektors" erläutert.

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„Die Bedeutung des postsekundären Sektors, insbesondere des universitären, ist weiter gestiegen. Eine Ausweitung der Inanspruchnahme der nicht-universitären Studiengänge ist mit Auftreten des neuen Angebots wahrscheinlich.

Eine grobe Bedarfsschätzung unter Berücksichtigung der - sinkenden -altersspezifischen Bevölkerung ergibt unter der Annahme einer leichten Steigerung der Besuchsquote für 1996 einen Bedarf zwischen zwölf und 36 Fachhochschulen, je nach Größe. Dies kann als Mindestbedarf angesehen werden."

So steht es im Kapitel „Regionale Aspekte" im druckfrischen Bericht „Das österreichische Bildungssystem in Veränderung", den das Wissenschaftsministerium für die OECD zusammengestellt hat und der sich besonders mit dem Thema Fachhochschulen befaßt. Der Bericht ist im Zusammenhang mit einem Aufenthalt von OECD-Experten in Österreich zu sehen, bei dem diese mehrere Bildungseinrichtungen besuchten.

Wo diese zwölf bis 36 Fachhochschulen, die als „Mindestbedarf" gelten, entstehen sollen, verrät der Bericht nicht, wohl aber nennt er den Ist-Zustand: „Derzeit gibt es 31 Standorte mit 164 postsekundären Ausbildungseinrichtungen, wobei jene vergleichbarer Größe und Organisation (Universitäten und Akademien) sich an 14 Standorten, konzentriert in den Landeshauptstädten und einigen größeren Städten, befinden." Neben Universitäten und Akademien gehören dazu Kollegs und Speziallehrgän-ge, Hochschullehrgänge und die Schulen des medizintechnischen Dienstes.

Auch wenn Fachhochschulen meist Neugründungen und keine Umwandlungen bestehender postsekundärer Bildungseinrichtungen (über deren Standorte informiert die FURCHE-Graphik auf Seite 11) sein dürften, werden ihre Standorte - auch wegen der notwendigen guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln - kaum in völlig anderen Regionen liegen.

Was die Studienrichtungen anlangt, die solche Fachhochschulen voraussichtlich anbieten werden, wird im Bericht an die OECD von der Fächerverteilung an deutschen Fachhochschulen (siehe Tabelle) ausgegangen. Dort dominieren eindeutig die Ingenieurwissenschaften (49 Prozent der Studierenden) sowie die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (36,6 Prozent).

Wenn „die Idee der Fachhochschu-le nicht Flickwerk werden" wolle, heißt es im Bericht an die OECD, müßten in Österreich relativ rasch nach der Einrichtung Dimensionen von 15.000 bis 40.000 Studierenden erreicht werden.

Ob mit dem Gesetzentwurf des Wissenschaftsministeriums dafür die richtigen Weichen gestellt wurden, ist umstritten. Besonders heftige Kritik kam aus den Reihen der Arbeiterkammer. Deren Präsident Heinz Vogler bekennt sich zwar zum Vorhaben Fachhochschulen als Mittel zur Anhebung des Bildungsniveaus, zur Entlastung der Universitäten und zur Verbesserung der Chancen auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Er hält aber den Entwurf für „in jeder Weise verfehlt", bildungsmäßig und was die finanzielle Konzeption betrifft.

Die Arbeiterkammer meint, daß

wichtige gesetzliche Regelungen fehlen, daß sich der Bund einer hochschulpolitischen Aufgabe entledigt, indem er selbst nicht als Errichter und Betreiber von Fachhochschulen auftritt und die Kompetenzen darüber einem weisungsungebundenen Fachhochschulrat überlasse, gegen den höchstens der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden könne.

Vogler fehlen vom Ministerium festgelegte Studienpläne und Prüfungsordnungen: „Wenn dieses Gesetz zur Anwendung käme, wäre ein Wildwuchs von Bestimmungen die Folge." Wie an den Universitäten müßten auch die Mitbestimmung und die soziale Sicherung der Studierenden gewährleistet sein. Die Arbeiterkammer lehnt auch Studiengebühren ab, räumt aber ein, daß dieses Thema mittelfristig für sie kein Tabuthema sei, wenn der gesamte Hochschulbereich einbezogen werde und keine soziale Diskriminierung damit verbunden sei.

Bei einer Pressekonferenz Ende Oktober wies die Arbeiterkammer auf eine Schätzung hin, daß in Österreich etwa 15 Standorte für Fachhochschulen in Frage kommen, wobei für deren Errichtung zwei Milliarden Schilling erforderlich seien. Präsident Vogler zeigte sich skeptisch, daß hier viel Zustandekommen könnte, wenn nicht der Bund an erster Stelle als Errichter und Betreiber fungiere. Impulse von privater Hand zu erwarten, sei eine Fehleinschätzung.

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