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ÖSTERREICHS MANAGER IM SPIEGEL DER ZEIT

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In den obersten Führungsetagen findet eine Bewußtseinsänderung statt. Wertewandel, Entscheidungsfindung im Team, Erkennen und Nutzen neuer Marktchancen sind ebenso angesagt wie die Bereitschaft zur ständigen Förderung der fachlichen und sozialen Kompetenz.

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In den obersten Führungsetagen findet eine Bewußtseinsänderung statt. Wertewandel, Entscheidungsfindung im Team, Erkennen und Nutzen neuer Marktchancen sind ebenso angesagt wie die Bereitschaft zur ständigen Förderung der fachlichen und sozialen Kompetenz.

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Vor diesem Hintergrund erübrigt sich bereits die Frage, ob es den „österreichischen" Manager als Spezies gibt. Er hat Stärken und Schwächen, Vorteile und Nachteile. Und er muß diese ebenso ausgleichen wie Führungskräfte in anderen Ländern. Er ist - gemeinsam mit seinen Kollegen im Team - dafür verantwortlich, daß die Unternehmensziele Gewinn, Ertrag und Wachstum erreicht werden. Über das „Was" entscheiden Zielvorgaben, über das „Wie" fachliches Wissen, Führungsstil und Verhalten gegenüber den Mitarbeitern sowie dem gesamten Umfeld. Davon hängen Erfolg oder Mißerfolg ab.

Intelligenz allein im Sinne von sachlicher Distanz und rechnerischer Vernunft genügt heute nicht mehr. Rationalität muß ergänzt werden durch Intuition und ganzheitliches Denken. Zusammenhänge zwischen dem eigenen sowie dem Handeln im Team und dem wirtschaftlichen, sozialen sowie politischen Umfeld müssen erkannt werden.

So gesehen unterliegen Top-Managereinem ständigen Lernprozeß, der ihre Persönlichkeitsentwicklung in jeder Hinsicht fordert und fördert.Daraus schöpfen sie die Fähigkeit, neue Werte und neues Wissen zu verarbeiten, zu verstehen und weiterzugeben. Sie werden dazu motiviert, kreativ zu sein, Visionen (nicht Utopien) zu entwickeln und auszusprechen, nicht prinzipiell an Bestehendem festzuhalten und Ris-ken einzugehen.

Die allgemeine Richtung ist klar ersichtlich: weg von der Engstirnigkeit des Einzelkämpfers mit egozentrischer Brille, hin zu gemeinsamen Handeln, bei dem die Individualität freilich nicht unterdrückt werden darf. Diese Prämisse gilt nicht nur für Information und Kommunikation auf der obersten Führungsebene, sondern ist besonders wichtig für die Kommunikation mit den unteren Ebenen. Die verständliche Formulierung des Unternehmensgegenstandes, der Unternehmensziele und der Zielvorgaben wirkt sich positiv auf Motivation und Leistung aller Mitarbeiter aus - auch auf das Vertrauen in die Führungsspitze und damit auf die Treue zum Unternehmen.

An diesen Tatsachen können auch die Ergebnisse einer Studie der britischen Cranfield School of Management über das Führungs verhalten von Top-Managern und Top-Management-Teams in Europa nicht rütteln. Anhand von Auswertungen einer Fra-gebogenaktion, gerichtet an Führungskräfte in Spanien, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Schweden und Österreich, können Eigenschaften und Fähigkeiten der Top-Teams miteinander verglichen werden (siehe Tabelle).

Ausgangspunkt der Studie, an deren Durchführung in Österreich das Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF) und das Managementinstitut der Industrie (MDI) mitgewirkt haben, war die - sicherlich länderübergreifende - Erkenntnis, daß die Qualität der Zusammenarbeit in den obersten Führungs teams über den längerfristigen Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens entscheidet. Strategische Planung und strategisches Management nehmen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens eine zentrale Rolle ein, ebenso die offene und ehrliche Kommunikation der klar und deutlich definierten Strategie, die Delegation von Aufgaben sowie ein kooperativer Führungsstil.

All dies sind Kriterien, die nicht nur Österreichs Manager seit geraumer Zeit erkannt haben. Unbekannt freilich war bislang, wie Top-Manager ihr Top-Team sehen. Und in dieser Hinsicht haben sich die mehr als 300 befragten Manager in ebensovielen österreichischen Unternehmen mit ihren Antworten einen Spiegel vorgehalten, wie eine knappe Zusammenfassung einiger Schlüsselbereiche der Cranfield-Studie zeigt:

□ In bezug auf die Festlegung einer gemeinsamen Zukunftsvision für das Unternehmen meint ein Drittel der Befragten, in ihrem Führungsteam herrsche darüber Uneinigkeit.

□ Was die Kenntnis der Unternehmensziele betrifft, geben zwei Drittel an, sich des Unternehmensauftrages bewußt zu sein. 68 Prozent meinen, die funktionalen Ziele würden ein-deutig kommuniziert, 75 Prozent beziehen dieses auf die Unternehmensziele.

□ Der Führungsstil wird von mehr als der Hälfte der Befragten als ausgesprochen mitarbeiterbezogen beurteilt, bei 29 Prozent stehen Regeln und Vorschriften im Vordergrund (Tab. 2).

□ Als klar abgesteckt bezeichnen 87 Prozent der Spitzenmanager die Verantwortungsbereiche.

□ Der Zusammenarbeit als entscheidender Faktor für die Qualität der Top-Teams geben 43 Prozent der Manager eine uneingeschränkt positive Benotung. 57 Prozent von ihnen stehen der Frage neutral bis negativ gegenüber, wenn es um Faktoren wie Vertrauensniveau, offener strategischer Diskurs oder sensible Themen wie langfristige Problemstellungen oder das sittlich-ethische Verhalten der Mitarbeiter geht.

Diese bisher genannten Werte liegen im europäischen Vergleich durchaus im gehobenen Mittel- bis Spitzenfeld. Gänzlich anders sieht es aus, wenn es sich um die Konsensbildung über sensible („heikle") Fragen strategischer und struktureller Art handelt: Hier meinen 67 Prozent der Befragten, obwohl sie bekannt seien, würden sie auf höchster Ebene nicht diskutiert. Harmonie werde über das Ausdiskutieren strittiger Fragen gestellt (Tab. 1).

Bis auf den letzten Punkt, der in der Cranfield-Studie als Anzeichen dafür gewertet wird, daß es österreichische Manager schwierig haben würden, sich in zukunftsorientierten Märkten durch langfristige, strategische Planung zu behaupten, stellen sich die Top-Manager ein durchwegs gutes Bild aus.

Dessen ungeachtet wird jedes Top-Team und jeder Top-Manager darauf bedacht sein, erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten durch ständige Weiterbildung zu erweitern und zu festigen. Die Kenntnisse umsetzen in eine für das Unternehmen passende Strategie müssen die Führungskräfte selbst. Das Motto der Zukunft heißt: Strategie ist Führuftgsaufgabe. Der Autor ist Generaldirektor der Siemens-Nixdorf Informationssysteme GmbH.

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