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Offenbarung

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,JDer Glaube setzt ein Wissen um ein ,Wort Gottes' voraus.” Dieser Satz (FURCHE 17/85, S. 19) hat bei Lesern Anstoß erregt. Gibt es ein „Wort Gottes”? Hat Gott zu den Menschen gesprochen?

Ein ähnlicher Begriff wie „Wort Gottes” ist das Wort „Offenbarung”. Man kann auch sagen: Glauben setzt „Offenbarung” voraus. Oder wie es Heinrich Fries ausdrückt: ,JDer Glaube ist beantwortete Offenbarung. Der Glaube ist die ans Ziel gelangte Offenbarung.” Aber was ist nun Offenbarung? Das ist eine zentrale Frage der Fundamentaltheologie.

Offenbarung gibt es auch unter Menschen. ,JDer Mensch kann etwas von sich, er kann sich selbst offenbaren. Er tut es kraft seiner Freiheit, kraft seines Geistes, kraft seiner Sprache, kraft seiner Leiblichkeit, kraft der darin liegenden Möglichkeit, sich vernehmbar machen zu können. Der Mensch kann etwas von sich, er kann sich mitteilen durch eine Tat, durch ein Wort, durch eine Äußerung' oder durch Unterlassung und Verweigerung” (Heinrich Fries).

Offenbarung gibt es unter den Menschen, und sie ist eine Voraussetzung dafür, daß ein Mensch seinem Mitmenschen glauben kann. Aber gibt es solche Offenbarung auch von seiten Gottes?

Dazu Heinrich Fries: ,JDie Lehre der Offenbarung ist von der Frage bewegt, ob der Gott, nach dem von den verschiedensten Erfahrungen und Überlegungen her gefragt wird, an dessen Realität wir von den verschiedenen Dimensionen der Wirklichkeit her geraten, der ferne, stumme, unbekannte, schweigende, der sich unseren Möglichkeiten schlechthin entziehende und damit der entzogene Gott ist, oder ob er sich vernehmbar gemacht, kundgetan, geäußert, mitgeteilt, ob er sich mit anderen Worten geoffenbart hat und in welcher Weise und Form dies geschehen ist.”

Von einer Offenbarung Gottes kann aber erst dann gesprochen werden, wenn diese Kundgabe Gottes auf eine Weise geschieht, daß sie vom Menschen aufgenommen und angenommen werden kann. Und eine Offenbarung „Gottes” ist auch erst dann gegeben, wenn der Mensch etwas zu erkennen und zu erfahren vermag, das seine eigenen Möglichkeiten des Erkennens übersteigt.

Warum die Offenbarung Gottes alle Möglichkeiten des Menschen überschreitet, zeigt der Evangelist Johannes in schlichter und überzeugender Weise: Niemand hat Gott je gesehen.” Und er verweist auf den Höhepunkt der christlichen Offenbarung: ,JJer Einzige, der Gott ist, und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.” Joh. 1J.8.

Zehnter Teil einer am Buch „Fundamentaltheologie” von Heinrich Fries (Styria, 1985) orientierten Serie.

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