Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Ohne Freiheit kein Frieden
Wie können wir den Frieden sichern und erhalten? Durch ein Gleichgewicht des Schreckens und der Angst? Durph Nachgiebigkeit einem Aggressor gegenüber? Durch Schweigen aar? Erhard Bu-sek, Chef der Wiener ÖVP, verneint dies. Und er plädiert für eine klare Sprache in der allgemeinen Friedensdiskussion.
Wie können wir den Frieden sichern und erhalten? Durch ein Gleichgewicht des Schreckens und der Angst? Durph Nachgiebigkeit einem Aggressor gegenüber? Durch Schweigen aar? Erhard Bu-sek, Chef der Wiener ÖVP, verneint dies. Und er plädiert für eine klare Sprache in der allgemeinen Friedensdiskussion.
Unsere Frage und zugleich die tiefsitzende Sorge vieler unserer Mitbürger und Zeitgenossen ist heute: Wie können wir den Frieden sichern und erhalten? Angesichts der sich zuspitzenden Weltlage, angesichts der waffenstarrenden Militärblöcke, angesichts der Atomwaffenarsenale und der auf Europa gerichteten sowjetischen Atomraketen eine schwierige und drängende Frage.
Wobei für eine Partei die Frage umso schwieriger wird, da sie die Friedenssehnsucht der Menschen ja in politische Ziele und politische Mittel umsetzen muß.
Selbstverständlich wollen wir alle den Frieden. Es wäre auch angesichts des tausendfachen Vernichtungspotentials völlig unverantwortlich, sich in spitzfindige Erwägungen über irgendeinen begrenzten Krieg einzulassen. Doch die Angst ums nackte Leben macht nicht den Wunsch illegitim, mehr als das nackte Leben zu haben — nämlich das, was das Leben über den biologischen Tatbestand hinaushebt und zum humanen Leben macht.
Das heißt: Wir wollen keinen Frieden der Angst, wir wollen einen gerechten Frieden — nicht Frieden um den Preis der Unterwerfung in die Knechtschaft. Was wir uns wünschen, ist der gerechte Friede in Freiheit, wie wir ihn in Westeuropa und in Österreich seit mehr als drei Jahrzehnten genießen durften.
Es ist für uns Österreicher nicht schwer, darüber nachzudenken und draufzukommen, welchen geopolitischen, militärstrategischen, geographischen, wirtschaftlichen und ideologischen Konstellationen wir es verdanken, daß wir in den letzten Jahrzehnten in diesem Frieden in Freiheit leben konnten.
Und jeder Österreicher weiß, welche Seite der Welt es ganz positiv so will und dafür ist, daß wir diesen Frieden in Freiheit haben, und welche Seite der Welt zwar unseren Frieden in Freiheit zur Kenntnis nimmt und respektvoll duldet — aber es natürlich lieber sehen würde, daß auch wir uns zur einzig „wahren" Ideologie und zürn einzig „wahren" System bekennen würden.
Das sind ganz einfache Dinge und Sachverhalte, für die man kein gelernter Diplomat sein muß, sondern die dem einfachsten Menschen einsichtig sind.
Wir müssen diese grundlegenden Dinge so sehen, wie sie sind, und sie auch mit den richtigen Namen benennen: Wir müssen wissen und es auch freimütig sagen, daß das gesellschaftliche System und die pluralistische Demokratie, die wir haben und die auch mehr als 90 Prozent der Österreicher haben wollen, uns eindeutig als westlichen Staat ausweisen.
Wir müssen wissen und es auch freimütig sagen, daß die Neutralität, zu der wir uns aus freien Stük-ken verpflichtet haben, in erster Linie eine Neutralität in bezug auf kriegführende Staaten ist, und uns nicht etwa zu dubiosen Stimmenthaltungen in der UNO zwingt, oder zur Teilnahme an Olympischen Spielen in einem Land, das gerade ein anderes Land überfallen hat.
Wir sind durch unsere Neutralität auch nicht zu opportunistischem Schweigen oder gar zu Beschwichtigungshudlerei verpflichtet, wenn ein internationaler Vertrag, dem Österreich beigetreten ist, von einem anderen Vertragspartner grob verletzt wird. Ich meine die Schlußakte von Helsinki, die ja nicht nur von Österreich und den westlichen Demokratien, sondern auch von den sozialistischen Staaten und von der Sowjetunion unterzeichnet wurde.
Die Menschen, die in Europa wohnen und leben, haben alle die Entspannungspolitik begrüßt und würden auch ihre Fortsetzung wünschen. Aber es haben ja nicht die Amerikaner die Schweiz besetzt, sondern die Sowjets haben Afghanistan besetzt.
Und es ist ja nicht in der Bundesrepublik Deutschland von einem NATO-General die Militärdiktatur ausgerufen worden, sondern in Polen. Und Schuld daran sind eindeutig nicht die Amerikaner oder der Papst, um das für österreichische Verhältnisse einmal klarzustellen.
Wer den Frieden erhalten will, muß dem Aggressor mehr- entgegenhalten als Nachgiebigkeit. Es hat der Sache des Friedens nichts genützt, daß in München 1938 Hitler die Annexion Österreichs und der Sudetenländer zugestanden wurde. Vielmehr führte die einseitige Entspannungspolitik, die die Realität nicht sehen wollte, direkt zum Zweiten Weltkrieg.
Wer den Frieden erhalten will, muß selbst friedfertig sein. Friedfertig sein, heißt aber nicht . schweigen. Wir müssen eindeutige und erkennbare Zeichen gegenüber allen setzen, die den Frieden gefährden:
# Durch eine klare Sprache: Frieden ist Frieden in Freiheit und nicht in Resignation oder Furcht.
# Durch eine klare Unterscheidung der Geister: Ein Militärputsch kann aus einer Demokratie eine Diktatur machen; ein Militärputsch in einem totalitären Staat verändert vielleicht die Form, nicht aber das System.
# Durch Parteinahme: Neutralität heißt nicht Standpunktlosig-keit. Wir befinden uns auf keiner Insel der Seligen, weder innenpolitisch noch außenpolitisch. Neutralität soll uns nicht dazu verleiten, die politische Moraltante auf internationalem Parkett zu spielen, sondern Neutralität verpflichtet einen westlichen Staat zur Verteidigung der Freiheit nach außen und nach innen.
# Durch eine aktive Politik für Menschenrechte, also für die Würde des Menschen.
# Durch eine offensive Auseinandersetzung mit den Ereignissen, die in der Welt vorgehen. Außenpolitik ist — und die Situation in Polen führt uns dies täglich vor Augen — Innenpolitik.
Der Beitrag beruht auf einem Diskussionsbeitrag von Erhard Busek beim OVP-Bun-desparteitag in Linz am 5. März.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!