Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
„Ohne Rücksicht auf die Konfession“
„Was in Nordirland zur Zeit geschieht, ist einfach dies: Eine Bande verantwortungsloser Männer führt einen bösartigen,. entschlossenen Kampf, um mit den Mitteln der Gewalt den Zusammenbruch des Staates zu erreichen, ohne Rücksicht auf die Leiden, die sie unschuldigen Menschen dabei zufügt. Mit brutaler Kaltblütigkeit verübte sie eine Reihe von Bombenanschlägen, bei denen seit Jänner fast 160 unschuldige, unbeteiligte Bürger getötet oder verwundet wurden — Verkäuferinnen, Stenotypistinnen, Sekretärinnen und Kinder befanden sich gleichermaßen unter den Opfern.
Man kann ohne weiteres sagen, daß sich die Situation in Nordirland schon längst geklärt hätte, hätte man das Land in Ruhe gelassen, und daß dann eine normale Beteiligung der Minderheit an der Regierung bestünde wie in den meisten demokratischen Ländern. In Wirklichkeit jedoch hat die Irische Republik unablässig den Gedanken eines vereinten Irlands genährt und ständig aufs neue zu verstehen gegeben, wie gern sie der nordirischen Minderheit Zuflucht gewährt, und ständig aufs neue sich hartnäckig geweigert, anzuerkennen, daß der nordirische Staat de jure überhaupt besteht
Die Regierung der Republik hat immer wieder erklärt, sie strebe die Einheit Irlands auf friedlichem Wege an. In jüngster Zeit scheint es klar, daß ihr Interesse an diesem Ziel nicht mehr nur passiv ist. In zunehmendem Maße dient sie als Zufluchtsort für Terroristenbanden, die Anschläge auf Nordirlands Sicherheitstruppen und seine Einrichtungen unternehmen und dann über die Grenze fliehen.
Die nordirische Polizei erklärte unlängst, eine Reihe von Männern, die wegen Mordes an britischen Soldaten gesucht würden, sei nachweislich in die Republik geflohen, wo sie vor einer Festnahme sicher sei. Es besteht kein Auslieferungsvertrag mit der Republik für politische Verbrechen, und der Mord an britischen Soldaten wird von der Regierung der Republik als .politisch* betrachtet.
Weil Nordirland zu Internierungsmaßnahmen griff, als es sich mit wachsender Gewalttätigkeit konfrontiert sah, in deren Verlauf Soldaten und Polizisten kaltblütig erschossen wurden, in großem Umfang Eigentum beschädigt wurde und das ganz Gefüge des Gemeinschaftslebens in Gefahr geriet, wurde erneut der Vorwurf der Zwangsherrschaft und Repression erhoben.
Die Republik zählte zu den lautstarksten Kritikern dieser Maßnahmen, doch erst vor sechs Monaten, als sie sich selber einer neuen Terrorwelle der IRA gegenübersah (denn die IRA ist gegen beide Regierungen), war sie im Begriff, genau den gleichen Schritt zu tun. Es wurde sogar offiziell bekanntgegeben, daß Internierungslager bereitstünden. Zur Rechtfertigung erklärte der stellvertretende Ministerpräsi dent der Republik, als die Regierung das letzte Mal — 1957 — Inhaftierungen ohne Aburteilung vorgenommen habe, seien viele Jahre des Friedens gefolgt.
Daher ist es sehr bedauerlich, daß die Intemierungsfrage zu dem Versuch benutzt wird, die nordirische Regierung als parteiisch und repressiv hinzustellen. Die Regierung ist in keiner Weise parteiisch. Ihr ist es um das Wohl der ganzen Gemeinschaft zu tun, ohne Rücksicht auf Partei oder Konfession.“
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!