7040758-1990_15_15.jpg
Digital In Arbeit

Ohne Rührung

Werbung
Werbung
Werbung

(Salzburger Osterfestspiele, Gro- ßes Festspielhaus; Matthäuspas- sion) Sie haben sich die große Öra- torientraditiondes 19. Jahrhunderts bewahrt, in ihren Bach-Auf f ührun- gen ist bis heute ein Hauch jener musikalischen Selbstdarstellung der frommen Gemeinde spürbar, auf die Mendelssohn seine Wieder- belebungsversuche der Bach-Pas- sionen gründete. Nun gastieren Kurt Masur und sein Leipziger Gewandhausorchester mit der Matthäuspassion im Salzburger Großen Festspielhaus. Masur ver- traut Bach vor allem Jugendchören an. Das gibt der Matthäuspassion lichteren Charakter, durchsichti- gere Farben und betont kammer- musikalischen Ton. Exaltiertes Theater und scharfe Kontraste, wie Karajan sie kultivierte, gibt es bei Masur nicht. Selbst die dramati- schen Choreinwürfe bei Christi Festnahme fügen sich in das klare Linienspiel. Das Feuer barocker Satzkunst glimmt allerdings nur.

John Aler ist ein Evangelist von tadelloser Wortdeutlichkeit; an die Darstellungskunst großer Vorgän- ger wie Peter Schreier kommt er nicht heran. Sona Ghazarian und Julia Hamari lassen in ihren Arien Glanz, warmes Leuchten und Er- schütterung vermissen. John Tom- linson - ein hervorragender Wotan! - kämpft ein paarmal mit den Kolo- raturen seiner Baßarien. Eine kul- tivierte Wiedergabe, gewiß. Aber warum vermeidet Masur jede Rüh- rung oder gar Erschütterung des Zuhörers?

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung