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Ohne Weihrauch oder Zeigefinger

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Gerade die Ereignisse der jüngsten Zeit machten deutlich, wie notwendig 1985 die fällige Rückbesinnung auf den Neubeginn 1945 und den Staatsvertrag sein dürfte.

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Gerade die Ereignisse der jüngsten Zeit machten deutlich, wie notwendig 1985 die fällige Rückbesinnung auf den Neubeginn 1945 und den Staatsvertrag sein dürfte.

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Das eben begonnene Jahr soll zum „Jahr der Zeitgeschichte” werden. Passende Jubiläen, entsprechend begangen, böten die besten Chancen, den Mangel an zeitgeschichtlichen Kenntnissen abzubauen, meinten die beiden hierfür zuständigen Minister Heinz Fischer und Herbert Moritz, als sie vor. etlichen Wochen das Programm dieses Jubiläumsjahres vorlegten.

Vierzig Jahre seit Kriegsende, seit dem Wiedererstehen der Republik Österreich, seit dem gemeinsamen Neubeginn; dreißig Jahre seit dem Staatsvertrag, seit dem Neutralitätsgesetz — zwei Daten, die wie wenige andere in der Geschichte für die weitere Entwicklung Österreichs entscheidende Einschnitte bedeuteten.

Mit dem Neubeginn soll auch der Rückblick auf Verfolgung und Widerstand verbunden sein, auf die Wieder- oder Neubegründung der Parteien, des überparteilichen Gewerkschaftsbundes, der „Länderkonferenz” der Landeshauptleute.

Das Jahr des Staatsvertrags brachte auch Österreichs Beitritt zu den Vereinten Nationen, die Wiederaufstellung des Bundesheeres.

So werden die letzten Apriltage gefüllt sein mit Festakten der drei Parlamentsparteien, der Bundesregierung, der Verfolgtenverbände, des ÖGB mit dem Rückblick auf 1945.

Am 15. Mai „festaktet” die Bundesregierung erneut - nun zum 30. Jahrestag des Staatsvertrags, und am 24. September zum dritten Mal, diesmal gemeinsam mit den Landeshauptleuten zum 40. Jahrestag der ersten Länderkonferenz in Anerkennung des Föderalistischen Prinzips der Republik.

Die Erinnerungsfeiern zum Staatsvertrag sollen bewußt die damaligen Besatzungs- und Signatarmächte mit einbeziehen: Der Bundesjugendring lädt Jugenddelegationen aller vier Staaten nach Wien, das Bundesheer läßt seine Militär-Musikkapellen mit solchen der Signatarstaaten gemeinsam konzertieren.

Apropos Bundesheer: Am Nationalfeiertag wird nicht nur im Bundeskanzleramt eine Feier zum 30. Jahrestag des Neutralitätsgesetzes ablaufen, sondern auch in den Landeshauptstädten gibt es „Vorbeimärsche” der Bundesheer-Garnisonen (Auf eine „Parade” im großen Stil will man verzichten).

Da zu dieser Zeit auch Österreichs Friedensschutztruppe im Rahmen der UN 25 Jahre alt wird, wird sich in Salzburg ein Symposion der Vereinten Nationen mit Österreichs UN-Einsatz befassen.

Die Verbesserung der zeitgeschichtlichen Kenntnisse soll bereits ab April der „Zug der Zeit” dienen, eine Ausstellung zu jenen Ereignissen, die in mehreren Eisenbahnwaggons quer durch Osterreich rollen soll, dann eine Ausstellung „1945 - davor, danach” im Museum des 20. Jahrhunderts, sowie eine Ringvorlesung, die bereits seit Beginn des Wintersemesters an der Universität Salzburg läuft. Wissenschaftliche Symposien sind der Geschichte des Strafvollzugs der Vorgeschichte des Staatsvertrags sowie den Problemen der Arbeiterklasse am Ende des Kriegs gewidmet. Schließlich will Bundeskanzler Sinowatz alle Österreicher, die am Tag des Staatsvertrags geboren wurden, zu ihrem 30. Geburtstag ins Kanzleramt einladen.

„Weder mit erhobenem Zeigefinger, noch mit penetrantem Weihrauch sollte gefeiert werden”, versicherte Fischer. Daran wird während des Jahres zu erinnern sein.

Einen weiteren Gedenkanlaß sollte man dabei nicht untergehen lassen: Heuer sind es auch zwanzig Jahre, daß das Zweite Vatikanisch Konzil abgeschlossen wurde. Die Katholische Aktion plant hierfür eine Dankwallfahrt nach Mariazell am 2. Juni — sie sollte nicht die einzige Erinnerung an dieses Großereignis der Kirchengeschichte sein.

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