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Olympisches

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Österreich hat momentan keine gute Presse in der Welt. Es ist, als ob alle wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen und alles andere, was Österreich der Welt zu bieten hat, ausgelöscht wäre und nicht gefragt ist. Umso erfreulicher ist es, daß unser Land wenigstens bei den olympischen Winterspielen in Calgary Gold und Silber für seine Spitzensportler im Skilauf einheimst, der für Österreich seit den Tagen von Toni Sai-ler, Karl Schranz und Annemarie Moser-Pröll weltweit geworben hat. Auch für die Österreicher selbst ist es ermutigend, auf diesem Umweg wieder eine Art Identität zurückzugewinnen und sich an einem internationalen Erfolgserlebnis aufrichten zu können.

Der Sport kann und die Olympischen Spiele, die auf eine antike Tradition zurückgehen, können im besonderen völkerverbindend wirken und die Menschen verschiedener Länder einander näherbringen. Er kann aber — wie dies in totalitären Staaten der Fall ist — zu einem Mittel des politischen Kampfes werden und als glänzende Fassade für Zustände und Vorgänge dienen, die das Licht scheuen.

Doch trotz der großen Förderung, die der Sport als Mittel des Prestigegewinns in Diktaturen genießt, gedeiht er am besten in der Demokratie. Dort, wo die Regeln der Fairness und des geordneten Kampfes auch für das politische und gesellschaftliche Leben gelten, fügt sich der Sport mit seinen strengen Regeln, die eine Ausuferung und Entartung verhindern sollen, in die gesamte Lebenswirklichkeit ein, während er in der Diktatur ein Stück freie, wenn auch geordnete Konkurrenz inmitten einer unfreien und nicht auf Wettstreit gerichteten Ordnung darstellt und trotz aller Stilisierung ein Fremdkörper bleibt.

Jedenfalls sind der Sport und das Spiel menschliche Möglichkeiten, sich Höchstleistungen abzuringen und Ansehen zu verschaffen. Freilich sollte man bei aller Begeisterung für Sport und Spiel nicht vergessen, daß es erhabenere, in einem anderen Sinne olympische, wenn auch weniger spektakuläre Dinge und Sphären gibt, daß die Werke und Ausstrahlungen des Geistes allemal bleibender sind als die größten Anstrengungen und Leistungen des Körpers. Und daß Heilige und Philosophen, Künstler und Gelehrte mehr Anwert verdienen als die Größen des Sports, die die Stunde und den vergänglichen Zauber der Sensation für sich haben. In diesem Sinne darf man sich am Sport freuen, sollte ihm in der Hierarchie der Werte aber einen untergeordneteren Platz zuweisen, als er ihn heute einnimmt.

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