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Opposition mit APO-Methoden?

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„Die Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus." Klar, kurz und bündig steht das im Artikel 24 der Bundesverfassung. Daher wurde an dieser Stelle vom ersten Augenblick an die Position vertreten, daß der Adressat eines FPÖ-Forderungspakets zu Ausländerfragen zuerst der Gesetzgeber zu sein hat. Im Parlament soll man, muß man darüber reden - vorausgesetzt es gibt etwas, worüber man reden kann. Und das war bisher nicht der Fall.

Jetzt hat Jörg Haider angekündigt, daß die FPÖ noch diese Woche ihre zwölf Punkte zum Anti-Ausländer-Begehren als Antrag im Parlament einbringen werde. Das ist kein besonders rühmenswertes Entgegenkommen, sondern hätte demokratischer Usus zu sein. Aber erstmals wird man erfahren, welche legislativen Konsequenzen der FPÖ wirklich im Detail vorschweben.

Im Parlament kann sich niemand aussuchen, kein Vertreter einer anderen Fraktion, kein zu den Beratungen geladenes Regierungsmitglied, auch ein Kanzler nicht, ob er mit dem FPÖ-Klubobmann reden will oder nicht.

Und Haider pocht - mit Recht -darauf, daß ein solcher FP-Antrag so behandelt wird, „wie es den parlamentarischen Gepflogenheiten eines rechtsstaatlichen Systems entspricht".

Das rechtsstaatliche Prinzip, auf das sich Haider beruft, schließt in jedem Fall einmal aus, daß die Regierung in der Ausländerfrage irgendwelche Maßnahmen ergreift, die nicht vom Gesetzgeber zuvor beschlossen worden sind. Das ist fast schon ein Fortschritt. „Parlamentarische Gepflogenheiten" setzen aber fraglos eine seriöse Auseinandersetzung mit einem derartigen Antrag voraus, eine mit Forderungen verbundene „Sonderbehandlung" zählt allerdings keinesfalls zu diesen Usancen. Gepflogenheit, mehr noch: Säule der repräsentativen Demokratie ist vielmehr das Ringen - eingeschlossen die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen - um und dann das Leben mit demokratischen Mehrheitsentscheidungen, auch wenn man mit der eigenen Position in der Minderheit geblieben ist.

An der diesbezüglichen Einschätzung Haiders scheiden sich die Geister: Die einen sehen eine Chance, ihn in die Verantwortung einzubinden und damit das unselige Anti-Ausländer-Begehren zu verhindern, die anderen fürchten, daß er nicht im Schlaf daran denkt, davon Abstand zu nehmen, sondern erst recht nach ultralinkem Entwurf außerparlamentarischer Opposition der repräsentativen Demokratie die Nase dreht. Geht es ihm um die Lösung eines Problems - oder um die Geiselnahme der Republik? Er muß nun Farbe bekennen.

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