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Option für eine militärische Intervention

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Kürzlich feierte Slowenien sein erstes Jahr der Unabhängigkeit. Lojze Peterle führte als erster Premierminister den jungen Staat durch die schwierigen und gefährlichen Zeiten des Neubeginns, bevor seine Regierung abgelöst wurde. Heute ist Peterle Präsident der slowenischen Christdemokraten. Bevor er in die Politik ging, war der 1948 geborene, dreifache Familienvater Chefredakteur des Monatsmagazins „Tretji dan" („Der dritte Tag") für slowenische katholische Studenten und Intellektuelle und von „Review 2000", ebenfalls ein intellektuelles Blatt. Darüber hinaus war er Mitglied der Pastoral-Versamm-lung der Erzdiözese Ljubljana.

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Kürzlich feierte Slowenien sein erstes Jahr der Unabhängigkeit. Lojze Peterle führte als erster Premierminister den jungen Staat durch die schwierigen und gefährlichen Zeiten des Neubeginns, bevor seine Regierung abgelöst wurde. Heute ist Peterle Präsident der slowenischen Christdemokraten. Bevor er in die Politik ging, war der 1948 geborene, dreifache Familienvater Chefredakteur des Monatsmagazins „Tretji dan" („Der dritte Tag") für slowenische katholische Studenten und Intellektuelle und von „Review 2000", ebenfalls ein intellektuelles Blatt. Darüber hinaus war er Mitglied der Pastoral-Versamm-lung der Erzdiözese Ljubljana.

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FURCHE: Haben Sie sich vor einem Jahr vorstellen können, daß Jugoslawien eine solche blutige Entwicklung nehmen würde?

LOJZE PETERLE: Ich habe nicht geglaubt und auch nicht erwartet, daß dieser Krieg in einem solchen Ausmaß eskalieren würde.

FURCHE: Hat auch Slowenien Fehler gemacht? Hätte Ihr Land etwas besser oder vielleicht anders machen sollen?

PETERLE: Ich glaube nicht, daß es eine andere Entwicklung hätte geben können. Wir beabsichtigten, wie Sie wissen, zusammen mit der kroatischen Regierung eine Konföderation, also eine friedliche Lösung. Man warb ein halbes Jahr vorher für die Proklamation unserer Unabhängigkeit; aber in Belgrad hatte man dafür überhaupt kein Verständnis und die Verhandlungen führten zu keinem Ziel. Wenn

ich heute darüber nachdenke, glaube ich nicht, daß wir irgendetwas entscheidend anders hätten machen können.

FURCHE: Sie waren in besonders harten Zeiten Sloweniens Premier. Wie sehen Sie Ihren Sturz heute?

PETERLE: Ich war sicherlich enttäuscht über die Entwicklung. Für meine Gesundheit war sie zwar ganz gut, aber für eine gesunde Entwicklung unseres Staates war diese Unterbrechung weniger gut. Ich glaube, daß das Parlament seine politische Reife noch nicht bewiesen hat. Es war, glaube ich, nicht klug, die Regierung zu ändern.

FURCHE: Im Herbst sind Parlamentswahlen, welche Chancen rechnen Sie sich aus?

PETERLE: Ich glaube, meine Partei wird die relative Mehrheit gewinnen.

FURCHE: Wie schätzen Sie die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Slowenien ein?

PETERLE: Wir haben diesbezüglich keine Probleme. Es gibt eine klareTrennung zwischen den Angelegenheiten der Kirche und denen des Staates, aber beide Seiten reden miteinander.

FURCHE: Soeben ist auch der neue Nuntius in Slowenien eingetroffen...

PETERLE: Das ist sehr wichtig für uns, denn wir wollten diese Beziehung, und die Ankunft ist sozusagen der letzte Akt beim Aufbau dieser Beziehung. Der Vatikan hat uns nämlich noch vor der EG anerkannt.

FURCHE: Wie beurteilen sie die

derzeitigen Beziehungen zu den Nachbarländern der jungen Republik Slowenien?

PETERLE: Besonders wichtig ist uns die Nachbarschaftspolitik. Ich glaube, daß unsere Regierung derzeit

den Beziehungen zu Österreich, Italien und Kroatien nicht genug Aufmerksamkeit schenkt. Die müßten sicherlich verbessert werden. Was wir möchten, ist auch ein Abkommen mit der EG.

FURCHE: Warum wird es dann zunehmend schwieriger für Flüchtlinge, in Slowenien einzureisen?

PETERLE: Wir haben mehr als 60.000 Flüchtlinge. Nun bekommen wir Schwierigkeiten, weil es schon zuviele für unser Land sind. Wir hätten gerne mehr Solidarität seitens der

EG. Aber bis jetzt ist das noch nicht geschehen und daher sind Kroatien und Slowenien überfüllt. Außerdem haben wir das Problem, daß die meisten Menschen, die heute an der Grenze stehen, keine Papiere haben. Sobald sie die haben, können sie Slowenien passieren. Es hat keinen Sinn, sie an die österreichische Grenze fahren zu lassen, wo sie dann ohnehin auch wieder nur zurückgeschickt werden. Wir helfen den Leuten so gut wir können, ihre Papiere zu bekommen, damit sie dann Weiterreisen können.

FURCHE: Einige Politiker hier sagen, ohne eine militärische Intervention ist das Problem in Bosnien-Herzegowina nicht zu lösen. Sehen Sie das auch so?

PETERLE: Wir sehen, daß die Menschen dort immer noch getötet werden, und daß es keinen Mangel an Munition gibt. Sollten keine anderen Mittel gefunden werden, sei es auf diplomatischem Weg, sei es durch Wirtschaftssanktionen, wird es keine andere Lösung geben. Das Gespräch führte Josip Stilinovi6.

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