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Optionen für „Jugoslawien” sind immer noch offen

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In serbischen Zeitungen wird die Absicht von Cyrus Vance, sich nach dem Scheitern der UN/EG-Friedenskonferenz dem Stab des neuen US-Präsidenten Clinton anzuschließen, begrüßt: Das böte die Sicherheit, daß dort jemand über die”„Jugoslawien”-Krise Bescheid wisse. Gibt es eine bessere Bestätigung dafür, daß Vance die Interessen der serbischen Führung besonders gut „versteht”?

Noch immer herrscht also innerhalb der amerikanischen Regierung ebenso wie innerhalb der EG Uneinigkeit darüber, was getan werden kann. Militärische Intervention wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen -heute nicht mehr. Die Lage an den Fronten, die immer verflochtener werden, ist nicht mehr von außen zu bereinigen.

Nicht einmal über die Verschärfung der Sanktionen besteht eine einheitliche Linie. Diese Maßnahme hätte auch die schreckliche Nebenwirkung, daß die serbische Bevölkerung getroffen würde, die sowieso schon von der eigenen Regierung terrorisiert und manipuliert ist; daß oppositionelle Gruppen dann auch von außen isoliert würden - und ebenso die albanische Bevölkerung im Kosovo.

Entscheidungen werden auch behindert von immer wieder auftauchenden Bedenken, „man darf keine Hetzjagd gegen die Serben initiieren”; gegen sie werde ein wahrer Medienkrieg in den westlichen Staaten geführt. Warum aber soll die serbische Führung nicht klar für ihre Verantwortung verurteilt werden? Das bedeutet ja noch keine „kollektive Schuld”, wie wir nach 1945 gelernt haben.

So sehr es befremden muß, daß die Clinton-Regierung Zeit braucht, um neue Konzeptionen für den Frieden in Bosnien-Herzegowina zu erstellen, so sehr mag gerade darin eine Hoffnung für bessere Pläne als denen von Vance und Owen liegen. Ihr Plan ist nun einmal gegenüber dem serbischen Aggressor zu entgegenkommend. Es dient keinem Frieden und keiner Zukunft, die Opfer einer brutalen Hegemonialpolitik - in erster Linie die Moslems - noch einmal zu Opfern eines international konzipierten Friedensplanes zu machen.

Noch immer aber wären diverse Optionen offen: 1. die fragwürdigste, aber gerechteste: Das Waffenembargo gegen Bosnien-Herzegowina aufzuheben. 2. der serbischen Regierung mitzuteilen, daß sie den Krieg verloren hat und daß ein europäischer Staat (Serbien) im Europa von Heute und Morgen seine politischen Ziele nicht mit einem Krieg (und schon gar nicht mit einem solchen) erreichen kann und darf. 3. als Folge von 2.: Zuerst muß Serbien die Waffen strecken, dann die besetzten Gebiete räumen und den Status quo ante wiederherstellen - dann kann es als gleichberechtigter Verhandlungspartner mit den Moslems und den Kroaten - unter internationaler Aufsicht - über die vitalen Interessen der drei Volksgruppen in einem künftigen Zusammenleben reden. 4. Wenn die serbische Führung dazu nicht fähig und bereit ist, wird das Waffenembargo für Kroatien und für die Moslems aufgehoben und die Blockade Serbiens perfektioniert.

Eine Utopie? Nein - die einzige Alternative zu einem permanenten Krieg in der Region.

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