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ORF beschert Schweiz höhere TV-Gebühren
In der Schweiz sind derzeit große Diskussionen um die Entschädigung der Urheberrechte für Radio- und Fernsehprogramme im Gange, die auf Kabelnetzen verbreitet werden. Auslöser dieser komplexen juristischen Auseinandersetzung, die dem Konsumenten mit Sicherheit höhere Gebühren bringt, ist der ORF, der (in Abstimmung mit deutschen A nstalten) beim höchsten schweizerischen Gericht erfolgreich Klage gegen die PTT und ein privates Kabelunternehmen führte.
In der Schweiz sind derzeit große Diskussionen um die Entschädigung der Urheberrechte für Radio- und Fernsehprogramme im Gange, die auf Kabelnetzen verbreitet werden. Auslöser dieser komplexen juristischen Auseinandersetzung, die dem Konsumenten mit Sicherheit höhere Gebühren bringt, ist der ORF, der (in Abstimmung mit deutschen A nstalten) beim höchsten schweizerischen Gericht erfolgreich Klage gegen die PTT und ein privates Kabelunternehmen führte.
Das Kabelfernsehen ist in der Schweiz mit dem großen Fernsehboom in den sechziger Jahren entstanden. Zum Wunsch der TV-Konsumenten, möglichst viele ausländische Programme empfangen zu können, kam die Opposition gegen die Ortsbilder verunstaltenden Antennenwälder auf den Hausdächern.
Heute empfangen gegen eine Million Schweizer Fernsehzuschauer das in- und ausländische Programm über Kabel, wofür pro Anschluß dem privaten Kabelunternehmen eine Gebühr von monatlich zehn bis zwanzig Schweizer Franken zu entrichten ist.
Nach diesem Schritt wurde der schon vorher mißmutige ORF aktiv und forderte von Kabelunternehmen, die auf diesem Weg seine Programme verbreiteten, eine Entschädigung in der Größenordnung von einem Franken pro Monat und Anschluß. Verhandlungen scheiterten, worauf der ORF im Mai 1979 beim schweizerischen Bundesgericht in Lausanne, der höchsten richterlichen Instanz der Eidgenossenschaft, Klage führte.
Das Gericht entschied Ende Jänner dieses Jahres in einem „Musterurteil“, daß, wer auf einem Kabelnetz Radio- und Fernsehprogramme vermittle, den Urheberrechtsinhabern dieser Sendungen eine Entschädigung schulde. In einem parallelen Prozeß hielt das Gericht weiter fest, daß auch einzelne urheberrechtlich geschützte Werke nur mit Erlaubnis (und damit meist gegen Entschädigung) des entsprechenden Interessen verbandes weitervermittelt werden dürfen.
Damit war klar, daß die Kabelbetriebe entweder ihr Angebot drastisch auf einheimische Kost einschränken oder ihre Abonnenten stärker zur Kasse bitten müssen.
Unklar bleiben nach diesem mit Spannung erwarteten Urteil die Modalitäten für die Bezahlung dieser Ur
heberrechtsgebühren, um die nun ein harter Kampf angehoben hat, der für den Konsumenten, der nur weiß, daß er demnächst mehr bezahlen muß, recht undurchsichtig geworden ist.
Die Radio- und Fernsehanstalten, deren Programme in der Schweiz verbreitet werden, schlossen sich zu einem Interessenverbund zusammen; Ende Juni informierten sie die Öffentlichkeit über ihre Vorstellungen, wobei scharfe Töne vor allem von Seiten des Prozeßgewinners ORF anklangen.
ORF-Generalsekretär Peter Radel erklärte, seiner Anstalt entstehe durch schweizerische Kabelverteiler ein gravierender Schaden. Durch die illegale Verbreitung der ORF-Programme werde sowohl die Chance für Koproduktionen wie auch für den Verkauf von Sendungen an die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) kleiner. Überdies seien Autoren, Filmschaffende, Journalisten usw. im Wissen um die unerlaubte Verbreitung ihrer Werke nicht mehr bereit, dem ORF ihre Rechte ohne entsprechende finanzielle Zusatzabgeltung abzutreten.
Ähnlich argumentierten ARD und ZDF, während die SRG sich bereit erklärte, von privaten Umsetzern in der Schweiz keine urheberrechtlichen Entschädigungen zu verlangen.
SRG-Generaldirektor Leo Schürmann bemühte sich um eine Vermittlung. Er erreichte in Gesprächen mit allen interessierten Kreisen, daß die ausländischen Sendeanstalten ihre berechtigten Ansprüche auf 1,5 Franken pro Anschluß und Monat reduzierten. Für diesen Betrag soll der Schweizer Kabelmedien-Konsument im Idealfall drei französische, drei italienische, zwei österreichische Programme, je eines von ZDF und ARD (plus dessen Regionalprogramme) sowie sämtliche Radioprogramme dieser Länder empfangen können.
Die Sache kompliziert sich allerdings, weil nicht alle Mitglieder dieses Interessenverbundes alle Rechte innerhalb ihrer Programme besitzen, also zu diesem Pauschalbetrag weitere Gebührenforderungen direkt von Urheberseite kommen könnten.
Die Kabelverbände weigerten sich, die von den Rundfunkanstalten „einseitig diktierten“ Tarife anzunehmen, die sie für überhöht halten.. Die Verwertungsgesellschaften, die die privaten Urheber oder Autoren ausgestrahlter Werke vertreten, wollen - unter Umgehen der Sendeanstalten - ihre Ansprüche für einzelne Programmteile direkt bei den Kabelnetzbetrieben geltend machen und an ihre Mandanten weitergeben. Dieser Version können sich die Kabelverbände eher anschließen.
In dieser Auseinandersetzung zeichnet sich nun eine staatliche Regelung ab. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement schickte Mitte Juli den Entwurf für eine neue Voll- ziehungsverordnung zum Verwertungsgesetz, das mit der technischen Entwicklung längst nicht mehr Schritt halten konnte, in die Vernehmlassung (Begutachtungsverfahren).
Damit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, daß nur bestimmte Organisationen in der Schweiz die Weitersenderechte verwalten dürfen.
So würde das Inkasso der Gebühren von den Kabelgesellschaften wesentlich erleichtert. Die Tarife der Verwertungsgesellschaften sollen von einer Schiedskommission genehmigt werden müssen. Heißes Eisen dieser Verordnung, für die der Bundesrat (die Regierung) letztinstanzlich zuständig ist, wird sein, ob die Rundfunkanstalten ihre Entschädigungsansprüche direkt oder über die Verwertungsgesellschaften geltend machen können.
Dank dem ORF ist das Urheberrecht, bisher Randgebiet einiger Juristen, in der Schweiz zum Tagesthema geworden, wobei die Detail rege- lung der komplexen Materie den Durchschnittsbürger weniger interessiert als das sich auf das Portemonnaie niederschlagende Tarifergebnis der Rechtsquerelen. Die Schätzungen über die Höhe dieser zusätzlichen Abgaben schwanken derzeit zwischen einem und vier Franken pro Monat.
Man weiß in der Schweiz aber auch, daß es um einen Präzedenzfall geht...
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