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Digital In Arbeit

ORF-Legionäre

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Mehrere Jahre hat es gedauert, bis Justizminister Broda seinen Entwurf für ein modernes Medienrecht fertig hatte. Eine Kommission, bestehend aus vielen Experten wurde einberufen und tagte sehr oft. Der Entwurf, der als Ergebnis der Arbeit vorliegt, soll auch, so meinen Experten, allen Anforderungen entsprechen. Doch nun ruht er vorläufig. Der östetTeichische Medienmarkt hingegen ist nach wie vor in Bewegung.

Allen Beteiligten ist klar, daß der Medienrechtsentwurf des Justizministers in dieser Legislaturperiode vom Nationalrat auf keinen Fall mehr verabschiedet wird. Denn es gibt vordringlichere Fragen zu lösen. Damit ist aber diesem Gesetz zunächst einmal ein sicheres Schicksal auf der „Langen Bank“ beschieden. Denn am Beginn der neuen Legislaturperiode, der sich durch die Oktoberwahl möglicherweise sogar etwas verschiebt, wird man Mühe haben, das Budget für 1976 durchzubringen und einige andere Beschlüsse zu fassen, die zum Jahreswechsel fällig sind.

Es scheint das ehrliche Bestreben Justizminister Brodas gewesen zu sein, trotz der Flut von Gesetzentwürfen, die über seine Anordnung im Ministerium ausgearbeitet wurden, gerade das Medienrecht noch in dieser Legislaturperiode über die parlamentarische Bühne zu bringen. Denn geordnete Verhältnisse auf diesem Gebiet hätten dem Minister lobende Erwähnung in den Massenmedien gebracht — wahrscheinlich auch in jenen Zeitungen, die auf ihn wegen seiner Haltung in der Abtreibungsfrage nicht freundlich zu sprechen sind. Und ein gutes Image bei den Trägern der öffentlichen Meinung ist ja doch ein gutes Stück auf dem Wege zur politischen Karriere, mag sich Christian Broda gedacht haben.

Doch jenseits des geplanten Medienrechtes kommen die österreichischen Massenmedien seit Jahren nicht zur Ruhe und auch jetzt gibt es — Zumindestens in Branchenkreisen — ständig Diskussionen um Posten und Positionen, um Marktanteile, Erscheinungsdaten, ja sogar um Sein oder Nichtsein der verschiedensten Publikationen. Dies beschränkt sich gar nicht auf Wien, sondern ist in den Bundesländern genau so aktuell.

An die Öffentlichkeit dringt nur hie und da ein Detail aus dem Kampf der Giganten auf dem Boulevard, also zwischen „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“. Hatte die „Krone“ aus dem Personalkarussell beim ORF sofort den Nutzen gezogen und den abgesägten Fernsehchef Zilk zum Ombudsmann für Leserwehwehchen gemacht, so wollte es der „Kurier“ keineswegs billiger geben. Gleich drei Ex-ORF-Männer fanden hier ein Refugium: zunächst rückte als neuer Geschäftsführer der frühere kaufmännische Direktor des ORF, Helmut Lenhardt (der ältere Bruder des innenpolitischen Redakteurs Dieter Lenhardt) ein. Dann kam die Ankündigung, der von den neuen Fernsehgewaltigen in seiner Tätigkeit sehr zurückgeschraubte Alfred Payrleitner werde Kommentare schreiben; jetzt hat schließlich der „Kurier“ sogar mit Ex-Generalintendant Gerd Bacher vereinbart, daß dieser ebenfalls als Kommentator arbeiten soll, nachdem bereits seine Tochter aus erster Ehe, Helga Stadler, in der innenpolitischen Redaktion des Blattes tätig ist. Auf der anderen Seite gab es vor einigen Tagen eine Reihe von Kündigungen (man hört von zehn) kleinerer Redakteure.

Die „Kronen-Zeitung“ kämpft vor allem in einigen Landeshauptstädten einen geradezu erbitterten Konkurrenzkampf gegen die traditionellen eingesessenen Bundesländerblätter. Den Höhepunkt erreicht dieser Kampf in Graz, wo es vor allem gegen das dort etablierte Kleinformat „Kleine-Zeitung“ geht. Es vergeht keine Woche, wo nicht die beiden Blätter einander — oft in geradezu beschämender Diktion — spaltenlange Wortgefechte liefern.

Bei „Presse“ und „Wochenpresse“ ist es ein offenes Geheimnis, daß sie nur mit kräftigen Finanzspritzen aus Wirtschaft und Industrie am Leben erhalten werden. Vom Nachrichtenmagazin „profil“, das derzeit wöchentlich erscheint, verlautet gerüchtweise, daß bereits wieder an ein Zurückgehen zum 14-Tage-Tur-nus gedacht ist, weil die Kosten zu hoch werden.

Auch bei den Bundesländerzeitungen versucht man, Sparmaßnahmen zu verwirklichen. So dachte man zum Beispiel bei der „Tiroler Tageszeitung“ sogar daran, für die Wiener Redaktion den Telexdienst' der Austria Presseagentur zu streichen, um Kosten abzubauen.

Ständige Kosten- und Steuer-erhöhungen bringen so manche kleinere Zeitung an den Rand der Lebensfähigkeit. Uber eine staatliche Presseförderung ist man sich allerdings immer nicht ganz einig. Der Bundeskanzler sieht einen Zusammenhang — und will auch über Parteienfinanzierung reden.

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